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Arbeiten an der Baustelle Bafin
Der kommende Finanzaufsichtsboss Mark Branson will die Behörde schlagkräftiger machen
Im Sommer wird Mark Branson seinen neuen Job an der Spitze der der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) antreten. In der deutschen Finanzaufsicht warten viele Baustellen auf den Briten mit Schweizer Pass. Am internationalen Ruf nagt vor allem der milliardenschwere Bilanzskandal von Wirecard. Die Bafin schützte die Führung der Finanzfirma durch ein sogenanntes Leerverkaufsverbot und hatte obendrein Journalisten der »Financial Times«, die auf Mängel in der Bilanz hingewiesen hatten, angezeigt.
Hier mag der im Zuge des Wirecard-Skandals zurückgetretene Bafin-Cef Felix Hufeld auf die Stimme seines Herrn gehört haben. Als Bundesbehörde ist sie dem Finanzministerium unterstellt, und innerhalb der Bundesregierung galt der global agierende Zahlungsdienstleister Wirecard lange als deutsches Vorzeigeunternehmen. Dass die Bafin eine unglückliche Rolle spielte, lag aber wohl vor allem an dem engen Horizont, den ihr der Gesetzgeber vorschreibt. Die Bafin war zwar für die Aufsicht der Banktochter von Wirecard zuständig, hatte sich für die Überwachung des Gesamtkonzerns aber nicht verantwortlich gesehen.
Die begrenzte Zuständigkeit führte auch bei dem australisch-britischen Finanzkonzern Greensill zu einer aufsichtsrechtlichen Schieflage. Im Fokus der Aufseher in Bonn und Frankfurt stand die vergleichsweise kleine Bank der Greensill-Gruppe in Bremen. Die Bank wurde erst vor wenigen Wochen geschlossen, obwohl gefährliche Risiken bereits 2019 bekannt waren. Und auch den Turbulenzen um die Aktie des Videospielhändlers Gamestop schien die Finanzaufsicht nicht immer gewachsen zu sein. Absprachen zwischen Zockern im Internet hatten den Kurs kürzlich in astronomische Höhen gejagt.
Das Echo auf die Berufung Bransons war nahezu einhellig positiv. »Da mag der Reiz des Unbekannten mitspielen«, mutmaßt das Fachblatt »Finanz-Szene«. Er verfüge durch die Aufsicht über Banken aller Größenklassen sowie durch seinen internationalen Hintergrund über beste Voraussetzungen, »um die Bafin für die Zukunft fit zu machen«, so der Bankenlobbyverband Deutsche Kreditwirtschaft. »Hut ab!« lobt hingegen auch die Bürgerbewegung Finanzwende, Krediter der Bankenbranche, den Neuen. Da habe Finanzminister Olaf Scholz einen erfahrenen Fachmann gewinnen können.
Was bei den Vorschusslorbeeren vergessen wird: Die Bafin ist auch für Versicherungen, Investmentfonds und Verbraucherschutz zuständig, wo sie als Aufsichtsbehörde eine durchaus aktive Rolle spielt. An vielen Stellen wird Branson in der Bafin mit ihren rund 2700 Beschäftigten also Neuland betreten. Manchem Beobachter gilt die schweizerische Aufsicht Finma, zu der Branson 2010 von der Großbank UBS gewechselt war, zudem als zahnloser Tiger, weil sie keine Geldbußen verhängen kann. Allerdings darf sie mit harten Sanktionen wie einem Lizenzentzug eingreifen. Branson nutzte nach Berichten in der »Neuen Zürcher Zeitung« solche Möglichkeiten durchaus. Auch beim Strafenkatalog könnte die Bafin also lernen. Doch die vielen Skandale um Schweizer Banken in den letzten Jahren konnten auch Branson und seine 500 Aufseher nicht verhindern. Neu sind für den Wahlschweizer auch die Reibungsverluste innerhalb der komplizierten Architektur der EU. Für die direkte Aufsicht der 120 bedeutendsten Bankengruppen, die allesamt auch in Deutschland tätig sind, ist die Europäische Zentralbank zuständig. Die grundlegenden Standards, nach denen die nationalen Aufsichtsbehörden arbeiten, werden wiederum von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde in Paris festgelegt.
Dennoch will Branson die Bafin zu einer »Finanzaufsicht von Weltklasse« machen. Das sagte er nach Berichten von Teilnehmern am Mittwoch im Finanzausschuss des Bundestages. Dass dazu wirklich nur ein Impuls von oben ausreicht, um den »schlafenden Riesen« zu einem starken Wächter über die Finanzmärkte zu machen, wie die Initiative Finanzwende hofft, darf bezweifelt werden. Auf jeden Fall braucht Branson mehr hoch qualifizierte Leute, die auf Augenhöhe mit Bankern verhandeln. Ein Mangel, auf den schon sein Vorgänger hinwies.
Dazu wäre eine Rückendeckung aus dem Finanzministerium notwendig, die bis zum Wirecard-Desaster oft vermisst wurde. Rückendeckung durch den Nachfolger von Olaf Scholz wird Branson für die nötigen gesetzlichen Verbesserungen unbedingt brauchen.
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