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  • Politik
  • Prozess gegen Heckler & Koch

Unwirksame Exportkontrolle

Nach Urteil gegen Waffenfirma fordern Rüstungsgegner Gesetzesänderungen

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.
»Mit dem heutigen Urteil ist die bisherige deutsche Rüstungsexportkontrolle am Ende«, sagt Jürgen Grässlin, Sprecher der Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel. Am Dienstag endete vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe nun in letzter Instanz ein Verfahren, das Grässlin vor mittlerweile elf Jahren mit einer Strafanzeige gegen den Waffenproduzenten Heckler & Koch in Gang gesetzt hatte.

Das baden-württembergische Unternehmen hatte in den Jahren 2006 bis 2009 mehr als 4200 Kriegswaffen nach Mexiko verkauft. Die G36 Sturmgewehre waren – der Gesetzeslage entsprechend – mit sogenannten Endverbleibserklärungen ausgeführt worden. Diese kommen beispielsweise bei Chemikalien, die unter das Chemiewaffenübereinkommen fallen, bei Substanzen, die für die Drogenproduktion genutzt werden könnten, oder eben bei Schusswaffen zum Einsatz. Auch sogenannte Dual-Use-Güter, bei denen ein militärischer Gebrauch in Frage kommt, dürfen nur mit Endverbleibsexklärung exportiert werden. Damit will das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon-trolle sicherstellen, dass die exportieren Güter nur zum vorgesehenen Zweck eingesetzt werden.

Im Fall der 4200 Gewehre von Heckler & Koch tauchten mindestens 38 Waffen in einer mexikanischen Provinz auf, für die sie nicht vorgesehen waren. 43 Student*innen kamen am 26. September 2014 bei einem Massaker ums Leben, bei dem diese Waffen benutzt wurden.

»Endverbleibserklärungen sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind, und werden vielmehr als Feigenblatt für heikle Geschäfte genutzt«, so Grässlins Anwalt Holger Rothbauer. In dem Urteil vom Dienstag sieht Rothbauer ein politisches Erdbeben, da die bisherige Praxis beim Export von Rüstungsgütern nicht fortgesetzt werden könne.
Gravierend: Die Rechtslage sorgt dafür, dass das Rüstungsexportrecht eine erhebliche Lücke aufweist, die nun geschlossen werden muss. »Sowohl das Landgericht als auch der BGH argumentieren schlussendlich, sie müssten hinnehmen, dass der Gesetzgeber im Kriegswaffenkontrollgesetz – im Gegensatz zum Außenwirtschaftsgesetz – das Erschleichen von Genehmigungen nicht als strafbare Handlung bewertet«, sagt Stephan Möhrle von Rüstungsinformationsbüro. Eine Genehmigung, die erschlichen wurde, sei damit trotzdem erst mal gültig. Dieser Missstand müsse umgehend vom Gesetzgeber behoben werden. Dies sei endgültig nur mit einem eigenen Rüstungsexportkontrollgesetz zu erreichen, so Möhrle weiter. Die Menschenrechtsorganisationen European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und die Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko begrüßen das Urteil, kritisieren aber, dass die Angehörigen und Hinterbliebenen der mexikanischen Opfer im Prozess keine Rolle spielten. »Es ist beschämend, dass die Opfer dieser verantwortungslosen Exportpraxis im gesamten Verfahren zu keinem Zeitpunkt berücksichtigt wurden«, kritisiert Carola Hausotter von der Menschenrechtskoordination Mexiko. »Der Gesetzgeber muss klarstellen, dass Rüstungsexportkontrolle auch die Opfer von Schusswaffengewalt in den Empfängerländern zu schützen hat. Diese haben ein Recht darauf, an den Verfahren beteiligt zu werden«, ergänzt Christian Schliemann von ECCHR.

Mit dem Urteil des BGH unterlag Heckler & Koch nun auch im Revisionsverfahren. Damit wurde das Urteil des Landgerichts Stuttgart bestätigt, demzufolge der Millionengewinn aus dem Verkauf eingezogen wurde sowie ein früherer Vertriebsleiter wegen bandenmäßiger Ausfuhr von Waffen zu einer Geldstrafe und Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Eine ehemalige Sachbearbeiterin wurde wegen Beihilfe zu einer Bewährungsstrafe und zu Sozialstunden verurteilt. Das Landgericht habe keine Rechtsfehler begangen, sagte der Vorsitzende BGH-Richter Jürgen Schäfer bei der Urteilsverkündung.

Nur über einen geringen Teil der Summe wird noch einmal gesondert verhandelt. Dabei geht es um die am längsten zurückliegende Tat, bei der eine in der Zwischenzeit ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Einziehung von Taterträgen bei Verjährung einbezogen wird.

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