- Politik
- 10 Jahre Teilhabepaket
»Komplett an der Lebensrealität Heranwachsender vorbei«
Paritätischer stellt Bildungs- und Teilhabepaket vernichtendes Zeugnis aus
Berlin. Das vor zehn Jahren eingeführte Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder aus armen Familien ist nach Ansicht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands »komplett gescheitert«. Es sei »von Anfang an komplett an der Lebensrealität Heranwachsender und den Strukturen vor Ort vorbei konzipiert und zum Scheitern verurteilt« gewesen, urteilte Geschäftsführer Werner Hesse am Donnerstag.
Das Paket sieht unter anderem die Übernahme der Kosten für Schul- und Kitaausflüge sowie Klassenfahrten vor. Außerdem werden feste Beträge etwa für den Schulbedarf, die Mitgliedschaft im Sportverein oder Unterricht an einer Musikschule gezahlt. In Anspruch nehmen können dies Kinder und Jugendliche aus Familien, die beispielsweise Hartz IV oder Asylbewerberleistungen beziehen.
Der Paritätische verwies auf eine eigene Studie, wonach nur bis zu 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler unter 15 Jahren im Hartz-IV-Bezug sogenannte »soziokulturelle Teilhabeleistungen« bekämen. 85 Prozent der Leistungsberechtigten würden dagegen nicht erreicht. Es sei »nicht nachvollziehbar«, dass die Bundesregierung entgegen dem Rat vieler Expertinnen und Experten immer noch »an diesem sozialpolitischen Murks festhält«, erklärte Hesse.
Die Corona-Pandemie und ihre Folgen hätten den Handlungsbedarf noch stärker verdeutlicht. »Es fehlt schon im normalen Alltag vorne und hinten an Geld, um den Kindern eine unbeschwerte Kindheit und ein Mindestmaß an Teilhabe zu ermöglichen, in der Pandemie hat sich die Not potenziert«, erklärte Hesse.
»Was es braucht, ist politischen Mut, sich von dem verkorksten Bildungs- und Teilhabepaket endlich zu verabschieden, und den politischen Willen, Kinderarmut wirklich zu stoppen«, resümierte er. Nötig seien ein Rechtsanspruch auf Angebote der Jugendarbeit und die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung.
Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Pascal Kober, fordert ebenfalls Veränderungen. »Das Bildungs- und Teilhabepaket und die Lernförderung für sozial benachteiligte Kinder müssen ausgebaut werden, um eine gezielte Förderung zu gewährleisten«, erklärte er. »Außerdem ist eine deutliche Erhöhung der Mittel für die Teilnahme an Sport- und Musikunterricht notwendig. Kinder aus einkommensschwachen Haushalten dürfen nicht abhängt werden.«
Kober verlangte auch, das Bildungs- und Teilhabepaket zu digitalisieren. »Überbordende Bürokratie« verhindere oftmals die Inanspruchnahme. »Eine digitale Bildungskarte bietet die Möglichkeit, die Leistungsbeantragung zu vereinfachen und Eltern gezielt auf nicht genutzt Angebote aufmerksam zu machen.«
Dagegen urteilte der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Weiß (CDU), das Paket sei »ein Erfolg«. Es ermögliche Kindern »eine echte Teilhabe in der Schule und am Gesellschaftsleben«. AFP/nd
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