- Politik
- Krieg am Hindukusch
Bundeswehr soll bis Mitte August Afghanistan verlassen
Nato vereinbart den Abzug der internationalen Truppen ab dem 1. Mai
Berlin. Die Bundeswehr könnte nach den Plänen der Bundesregierung bereits bis Mitte August aus Afghanistan abgezogen werden. Das sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Mittwoch in einer telefonischen Unterrichtung der Fachpolitiker aller Bundestagsfraktionen zu den Abzugsplänen, wie die Deutsche Presse-Agentur von mehreren Teilnehmern erfuhr. US-Präsident Joe Biden hatte kurz zuvor im Weißen Haus angekündigt, dass der Abzug amerikanischer Soldaten am 1. Mai beginnen werde. Abgeschlossen wird er nach Bidens Angaben bis zum 11. September, dem 20. Jahrestag der Terroranschläge von New York und Washington.
Die Nato verkündete in Brüssel nach Beratungen der Außen- und Verteidigungsminister ihrer Mitgliedsstaaten, das Bündnis werde bis zum 1. Mai den Abzug seiner Truppen aus Afghanistan einleiten. Damit endet nach fast 20 Jahren auch die Bundeswehr-Mission am Hindukusch. Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Truppensteller des Nato-Einsatzes in Afghanistan. Derzeit sind noch 1100 deutsche Soldaten dort stationiert. Insgesamt sind es rund 10.000 Soldaten, darunter 2500 Amerikaner.
Biden und Bundeskanzlerin Angela Merkel vereinbarten in einem Telefonat eine enge Abstimmung beim Truppenabzug. Die beiden hätten zudem unterstrichen, dass sie das politische Engagement für das Land fortsetzen wollten, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte in den ARD-»Tagesthemen«, die Entscheidung für den gemeinsamen Truppenabzug sei von allen 30 Nato-Verbündeten mitgetragen worden. Es werde ein geordneter Abzug, bei dem die Sicherheit der Soldaten gewährleistet sei.
Maas sicherte Afghanistan eine Fortsetzung der Unterstützung im zivilen Bereich für die Zeit nach dem Abzug zu. »Wir geben jedes Jahr fast eine halbe Milliarde Euro aus, um Aufbauleistung in Afghanistan zu leisten, und das wird weitergehen.« Er setze außerdem darauf, dass bei den Friedensverhandlungen in Katar nachhaltige Ergebnisse erzielt würden, damit nach dem Truppenabzug nicht wieder Chaos in Afghanistan ausbricht. »Das müssen wir unbedingt verhindern.«
Der Bundeswehrverband begrüßte den geplanten Abzug der Nato-Truppen und damit auch der deutschen Soldaten aus Afghanistan. Es sei eine folgerichtige Entscheidung von »historischer Tragweite«, sagte der Vorsitzende André Wüstner der Deutschen Presse-Agentur. »Sie markiert das Ende des bedeutendsten und zugleich verlustreichsten Einsatzes der Bundeswehr.« Nun gehe es darum, eine sichere Rückkehr der Soldaten nach Deutschland zu organisieren. Wüstner forderte dafür den Einsatz zusätzlicher Schutz- und Spezialkräfte.
Angesichts des absehbaren Endes der Truppenpräsenz in Afghanistan zog der Außenexperte der Grünen, Jürgen Trittin, eine gemischte Bilanz des internationalen Militäreinsatzes am Hindukusch. »Es ist nicht gelungen, tragfähige staatliche Strukturen aufzubauen. Und es nicht gelungen, dass das Land ohne die Taliban regiert wird«, sagte Trittin der »Saarbrücker Zeitung«.
Abgewendet sei allerdings die terroristische Bedrohung gegenüber dem Westen. »Denn die Taliban haben mittlerweile begriffen, dass sie ihre eigene Herrschaft gefährden, wenn sie sich mit den USA und Europa anlegen«, erklärte Trittin. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.