Wortstark gegen das Regime

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 2 Min.

Ahmet Altan, 71, freut sich auf seine Kinder. Seit September 2016 saß der Schriftsteller und Journalist in einem Istanbuler Gefängnis, am Mittwoch kam er frei. Verurteilt zu zehneinhalb Jahren wegen angeblicher Verwicklung in den Putschversuch vom 15. Juli 2016, hatte der türkische Kassationsgerichtshof, die höchste Revisionsinstanz, das Gerichtsurteil gegen ihn aufgehoben - ohne Angabe von Gründen.

Offenbar hielt auch der Kassationsgerichtshof die Anschuldigungen gegen Altan für substanzlos. Dafür saß er viereinhalb Jahre im Knast - ein weiteres Opfer einer politisch motivierten Justizkampagne, orchestriert vom türkischen Staat gegen allzu laute Kritiker. Verhaftet wurde Altan, weil er in einer Live-Fernsehsendung am Vorabend des Putsches angeblich »unterschwellige Botschaften« über den bevorstehenden Putsch verbreitet habe.

Ahmet Altans tatsächliche »Schuld« findet sich in seinen regierungskritischen Beiträgen für türkische Medien. So brachte er in den Tageszeitungen »Hürriyet« und »Milliyet« seine alternativen Themen unter: die Unterdrückung der Kurden und der Völkermord an den Armeniern. In einem Artikel für »Milliyet« entwarf er 1995 ein Gedankenspiel über ein Land, in dem Türken von den Kurden unterdrückt und assimiliert werden. Das brachte ihm die Entlassung ein und eine 18-monatige Haftstrafe, die nach einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in eine Geldstrafe umgewandelt wurde.

Der EGMR spielte auch jetzt wieder eine wichtige Rolle: Die Aufhebung von Altans Haftstrafe erfolgte einen Tag, nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei wegen Altans Inhaftierung verurteilt hatte. Es gebe keine Beweise dafür, dass dessen Handeln »zu einem Plan zum Umsturz« der türkischen Regierung gehört habe. Die Türkei müsse eine Entschädigung zahlen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -