Gesundheitsminister fordert Länder zum Handeln auf

Mecklenburg-Vorpommern steht wohl ein landesweiter Lockdown bevor

Wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag erklärte, habe er den Eindruck, dass die Bundesländer auf die »Bundes-Notbremse« warteten und rief diese deshalb dazu auf sofort zu handeln und bereits jetzt weitere Anti-Corona-Maßnahmen zu ergreifen. Das Gesetz zur sogenannten Notbremse »alleine und das auch erst Ende nächster Woche inkrafttretend löst unser akutes Problem nicht«, so Spahn. Der Bundestag soll über die Änderung des Infektionsschutzgesetzes voraussichtlich am Mittwoch kommender Woche abstimmen. Anschließend muss das Gesetz, mit dem der Bund ab einem Inzidenzwert von 100 selbst eingreifen kann, noch durch den Bundesrat. Ein schnelles Handeln von den Ländern fordert auch der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler: »Klar ist, wir müssen jetzt handeln.«

Jetzt handeln, auf rasant steigende Infektionszahlen reagieren - dies tut zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern. »Wir brauchen jetzt zügig Entscheidungen«, so Ministerpräsidentin Manuela Schwesig am Donnerstag. Die Landesregierung hatte angesichts des eskalierenden Infektionsgeschehns den Beginn seiner Beratungen mit Vertretern von Kommunen, Wirtschaft und Verbänden über schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie von Freitag auf Donnerstag vorgezogen. Am Freitag sollen die Gespräche dann fortgesetzt werden.

Schwesig hatte bereits vor Beginn der Beratungen die Bevölkerung im Nordosten auf härtere Maßnahmen eingestimmt. »Wir haben eine neue Lage. Erstmals ist wirklich das gesamte Land von hohen Corona-Zahlen betroffen«, so Schwesig am Mittwoch. »In den Krankenhäusern steigen die Belastungen. Wir müssen sicherstellen, dass alle, die schwer erkranken, die notwendige medizinische Hilfe erhalten.« Aus einer Beschlussvorlage, die der Nachrichtenagentur dpa vorlag, geht demnach hervor, dass Mecklenburg-Vorpommern wohl einen harten Lockdown mit nächtlichen Ausgangs- und weiteren Kontaktbeschränkungen sowie flächendeckenden Schul- und Ladenschließungen zu erwarten hat.

Offen ist den Angaben zufolge noch der genaue Beginn der Maßnahmen, in dem Entwurf sei hier lediglich von »unverzüglich« die Rede. Auch zur Dauer des Lockdowns gibt es in dem Papier demzufolge keine Angaben. Vorgesehen sei zudem, dass Personen, die außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern leben, dort aber eine Zweitwohnung besitzen, diese während des Lockdowns nicht aufsuchen dürfen. Die Schulen sollten flächendeckend - für mehr als der Hälfte der Landkreise und kreisfreien Städte war diese Maßnahme ohnehin schon ab kommendem Montag beschlossen - wieder in den Distanzunterricht wechseln. Auch eine Schließung der Kitas war wegen den hohen Inzidenzwerten bereits vor den Beratungen verfügt worden. Einzelhandel und Dienstleistungen sollen laut dem Papier ebenfalls weitgehend schließen müssen. Ausnahmen sollen demnach etwa für Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Drogerien, Baumärkte, Buch- und Blumenläden sowie Friseure gelten.

»Wir gehen von einem mehrwöchigen Lockdown aus. Zugleich muss die Landesregierung aber auch sagen, wie der Weg nach den harten Maßnahmen aussehen wird«, erklärte die Vorsitzende der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Simone Oldenburg, zum vorgezogenen sogenannten MV-Gipfel. Es müsse bereits heute Antworten etwa auf die Fragen geben: »Wie werden die Entwicklungs- und Lerndefizite der Kinder und Jugendlichen ausgeglichen? Wie wird die Bürokratie bei den Testverfahren abgebaut? Wie kann das Impfgeschehen beschleunigt und optimiert werden? Wie können die Unternehmen im Land wirksam unterstützt werden? Welche Perspektiven haben Sport, Kunst und Kultur?«, so Oldenburg, Zudem sei bei der Kommunikation aller Entscheidung dringend Ehrlichkeit erforderlich. Es dürften keine falschen Hoffnungen und Erwartungen geweckt werden, um das Vertrauen nicht noch weiter zu erschüttern, fordert Oldenburg. Mit Agenturen

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