Eine Existenzfrage

Politikstratege Alex Lawson über den Umgang mit dem Filibuster

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Progressive Aktivisten setzen gerade die konservativen Demokraten unter Druck, den Filibuster abzuschaffen oder zu reformieren. Wie sehen Sie die Chancen dafür?

Die übergroße Mehrheit der Demokraten-Wähler in den USA interessiert sich nicht für obskure Verfahrensregeln im Senat und weiß nicht, was der Filibuster ist. Stattdessen erwartet die »Normalo-Parteibasis« Ergebnisse. Die Leute akzeptieren es nicht länger, dass die Demokraten im Kongress wegen einer Prozessregel dieses oder jenes Gesetz nicht durchbringen können. Das hat dafür gesorgt, dass es starken Druck auf die Demokraten auf dem »Hill« (Hügel, Politjargon für den US-Kongress, d.Red.) gibt, den Filibuster abzuschaffen oder zu reformieren - themenübergreifend, aber besonders mit Hinblick auf die Verabschiedung des For The People Act oder S1, ein Gesetz zur Wahlreform und gegen Wahlrechtseinschränkungen.

Alex Lawson
Alex Lawson ist Direktor der linken Nichtregierungsorganisation Social Security Works in Washington DC. Mit ihm sprach Moritz Wichmann.

Warum da?

Die Republikaner arbeiten in den Bundesstaaten gerade fieberhaft an neuen Jim-Crow-Gesetzen zu Wahlrechtseinschränkungen, um in Zukunft Wahlen mit weniger Stimmen gewinnen zu können. Weil die Republikaner Wahlen so einfach »klauen« wollen, sehen auch immer mehr zentristische Demokraten die Wahlrechtsreform als existenziellen Kampf gegen die drohende permanente elektorale Niederlage. Deswegen ist bei diesem Thema der Druck, den Filibuster abzuschaffen, auch im Zentrum der Partei am größten. Dass sich auch Barack Obama mittlerweile für eine Reform des Filibusters ausgesprochen hat, zeigt die Bedeutung.

Einige wenige konservative Demokraten-Senatoren wie Joe Manchin und Kyrsten Sinema sprechen sich gegen eine Filibuster-Abschaffung aus.

Ich denke, die wirkliche Frage ist, was wird alle anderen Senatoren außer Manchin und Sinema dazu bringen, ihre Meinung zu ändern - und S1 ist die Antwort. Sie werden sich noch ein bisschen zieren, aber das gehört zum Spiel. Wenn alle anderen Demokraten-Senatoren sich hinter einer Filibuster-Reform versammeln, wird Mehrheitsführer Chuck Schumer auch Manchin und Sinema umstimmen können.

Was ist der Zeitplan dafür?

S1 muss vor den Zwischenwahlen 2022 verabschiedet werden, also muss die Filibuster-Abschaffung vorher stattfinden - das heißt, bis zum Herbst.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.