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Kontinuität vor Erneuerung
Sachsens Linke wählt Landesliste zur Bundestagswahl. Kipping erneut auf Platz 1
Die sächsische Linke versteht es, Spannung zu erzeugen, wo keine zu erwarten gewesen wäre. Bei der Wahl ihrer Landesliste für die Bundestagwahl gab es auf den ersten drei Plätzen nur je eine Kandidatur; für Überraschung hätten höchstens die Zustimmungswerte für Katja Kipping, Sören Pellmann und Caren Lay sorgen können. Dann aber musste der Wahlgang für die Spitzenkandidatur wiederholt werden, weil mehr Wahlzettel abgegeben wurden, als Delegierte angemeldet waren. Auch bei der folgenden Abstimmung für die drei vorderen Plätze gab es Unklarheiten, die erst ein namentlicher Zählappell ausräumte.
Erst mit einiger Verspätung stand daher fest, dass Kipping die Landespartei zum fünften Mal die sächsische Landesliste zur Bundestagswahl anführt. Die 43-jährige Dresdnerin, bis vor kurzem Bundeschefin der Partei, hatte bei ihrer Vorstellung für »Mehrheiten links von Union und FDP« geworben und in Anspielung auf Thesen Sahra Wagenknechts betont, dass »Sorgen um den Planeten und Sorgen von Menschen, über den Monat zu kommen«, nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften. Kipping wurde mit 75 Prozent auf Platz 1 gewählt; 2017 waren es 84,8 Prozent gewesen.
Auf Listenplatz 2 folgt der Leipziger Sozialpolitiker Sören Pellmann. Er sagte, es gehe »nicht um irgendwelche Farbspielereien, sondern darum, das Land gerechter zu gestalten«. Corona zeige, »wie krisenanfällig das kapitalistische System auch in Deutschland« sei. Pellmann kam auf gut 72 Prozent. Den sicheren Listenplatz sieht er als »Rückenwind« für die Verteidigung seines 2017 errungenen Direktmandats, das er verteidigen will: Leipzigs Süden solle »das rote Herz im schwarz-blauen Sachsen« bleiben. Auf Platz 3 folgt die Wohnungspolitikerin Caren Lay. Sie betonte, ihr Politikfeld drehe sich um die »zentrale soziale Frage« der Zeit. Lay bedauerte das Scheitern des Mietendeckels in Berlin und fügte an: »Dann muss es der Bund machen.« Sie erhielt 80,7 Prozent.
Erst jenseits der drei vorderen Plätze kam es zu Kampfkandidaturen. So traten für Platz 4 der Innen- und Sportpolitiker André Hahn aus der Sächsischen Schweiz, der Chemnitzer Stadtvorsitzende Tim Detzner und der erst 24-jährige Philipp Rubach, Begründer der Initiative »Aufbruch Ost«, an. Hahn, der seit 1994 im Landtag saß und 2013 in den Bundestag wechselte, warb für eine Balance zwischen Kontinuität und Erneuerung. In der neuen Bundestagsfraktion brauche es »politisch Erfahrene«, die bei Konflikten vermitteln könnten: »Ich habe immer versucht, den Laden zusammenzuhalten.« Hahn gewann in einer Stichwahl gegen Detzner.
Damit stehen auf den ersten vier Plätzen der Liste bisherige Bundestagsabgeordnete. Erst auf Platz 5 folgt mit der 34-jährigen Juristin Clara-Anne Bünger ein neues Gesicht. Die gebürtige Freibergerin ist Anwältin für Menschenrechtsfragen, engagiert sich in der Flüchtlingspolitik und erhielt Unterstützung von der Bundestagsabgeordneten Martina Renner, der Europaparlamentarierin Cornelia Ernst und der Thüringer Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss. Bünger trat gegen Ex-Piratin Julia Schramm und Arbeitsmarktpolitikerin Sabine Zimmermann an und gewann gegen letztere in der Stichwahl. Zimmermann scheiterte auch auf Platz 7 und ist damit die einzige amtierende Bundestagsabgeordnete, die nicht erneut aussichtsreich aufgestellt wurde.
Die größte Überraschung gab es auf Platz 6, wo der außerparlamentarisch und antifaschistisch engagierte Detzner erneut antrat und sich gegen Landeschef Stefan Hartmann durchsetzte. Dieser erklärte dann, er werde »natürlich« nicht weiter kandidieren. Die Bewerbung auf Platz 6 hatte er als Signal der Zuversicht verstanden wissen wollen, dass die Landespartei ein ähnliches Ergebnis wie 2017 erzielt. Damals war sie im Freistaat auf 16,1 Prozent gekommen, was sieben Prozentpunkte über dem Bundesergebnis gelegen und für sechs Mandate gereicht hatte. In diesem Herbst strebe man »mindestens« erneut dieses Ergebnis an, sagte Landesgeschäftsführerin Janina Pfau. Die Linke stellt in allen 16 Wahlkreisen im Freistaat Direktkandidaten; sechs davon sind Frauen. Chancen auf ein Direktmandat rechnet sich neben Pellmann auch Kipping aus. 2017 hatte sie 6452 Stimmen hinter dem CDU-Bewerber gelegen.
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