Hoffnung auf Erleichterungen

Bund und Länder: Impfpriorisierung soll fallen

Details sind noch offen, formale Beschlüsse wurden nicht getroffen, doch die Ziele sind klar: Nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern am Montag steht fest, dass es Erleichterungen für vollständig Geimpfte und von einer Covid-19-Erkrankung Genesene geben soll und dass spätestens im Juni die Impfpriorisierung, die Festlegung der Reihenfolge, in der verschiedene Gruppen geimpft werden, fallen soll.

Zum weiteren Vorgehen beim Thema Rechte für Geimpfte erklärte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) am Dienstag im ARD-»Morgenmagazin«: »Die Bundesjustizministerin wird mit dem Gesundheits- und dem Innenminister jetzt eine Verordnung vorbereiten, die genau das vorsehen soll. Dass nämlich bei Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen vollständig Geimpfte und diejenigen, die genesen sind von dem Coronavirus, bei Kontaktbeschränkungen zum Beispiel nicht mitgezählt werden.« Laut Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll dieser Vorschlag kommende Woche vorliegen, so dass eine Verordnung am 28. Mai vom Bundesrat beschlossen werden könnte. Zur Freigabe der Impfungen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem virtuellen Bund-Länder-Treffen erklärt: »Das heißt nicht, dass dann jeder sofort geimpft werden kann. Aber dann kann sich jeder um einen Impftermin bemühen, und die werden dann nach Maßgabe der Versorgung auch gegeben.«

Die nun von Bund und Ländern in Aussicht gestellten Schritte dürften einerseits Hoffnungen wecken, die andererseits vermutlich nicht so einfach und schnell zu erfüllen sein werden, wie verschiedene Stimmen nach den Beratungen anmerkten. »Ich begrüße es ausdrücklich, die Grundrechtseinschränkungen für Geimpfte schnellstmöglich wieder aufzuheben und sie negativ Getesteten gleichzustellen, sofern das auf wissenschaftlich gesicherter Grundlage geschieht«, erklärte etwa Achim Kessler, gesundheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. »Doch das von Jens Spahn geführte Bundesgesundheitsministerium hat auf meine schriftliche Frage hin angegeben, dass es derzeit noch keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass die durch eine Impfung gewonnene Immunität sich nicht nach einem gewissen Zeitraum wieder abschwächt, sich Geimpfte also wieder anstecken und das Virus dann auch an andere weitergeben können«, so Kessler weiter. Es brauche »endlich eine klare und verlässliche Krisenkommunikation statt weiterer haltloser Versprechungen von Gesundheitsminister Spahn«.

Auch von der Stiftung Patientenschutz kam Kritik. Zur Debatte über die Impffreigabe erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: »Heute davon zu reden ist nichts anderes, als den Menschen Sand in die Augen zu streuen.« Im Kern mangele es immer noch an ausreichend Impfstoff. Mit der Aussicht auf ein Ende der Impfpriorisierung im Juni wolle die Politik von dem eigenen Versagen ablenken. Das Thema werde von den Ministerpräsidenten mit fatalen Folgen regelrecht angeheizt, so Brysch. Die Hausärzte und Impfzentren würden »bombardiert« mit vielen Anfragen Impfwilliger.

Susanne Schaper, Sprecherin für Gesundheitspolitik der sächsischen Linksfraktion, weitete mit ihrer Kritik den zeitlichen und örtlichen Rahmen: »Zwei Fragen gehören dringend auf die deutschen Kabinettstische: Wie erreichen wir die Freigabe der Impfstoff-Patente sowie die Steigerung der Impfstoff-Produktion? Und wie gewährleisten wir die absehbar erforderlichen jährlichen Auffrischungsimpfungen?« Zu beidem habe sie nichts vernommen. Dabei werde die Impfkampagne nur erfolgreich sein, »wenn sie weltweit erfolgreich ist, sonst werden immer neue Mutationen auch in Staaten eingeschleppt, die das Privileg genießen, ihre Bevölkerung bereits jetzt impfen zu können«. Auch deshalb sollte geklärt werden, wie der Impfschutz dauerhaft erhalten werden könne, wenn Mutationen Auffrischungsimpfungen erforderlich machen.

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