Vorwurf Apartheid

Human Rights Watch macht der Regierung Israels schwere Vorwürfe wegen des Umgangs mit den Palästinensern

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 3 Min.

Für die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) ähnelt Israel einem Apartheidstaat. Das steht zumindest in einem Bericht, den HRW am Dienstag veröffentlicht hat. Darin macht die Organisation Israel schwere Vorwürfe im Umgang mit den Palästinensern: »Israelische Behörden begehen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, nämlich Apartheid und Verfolgung«, »systematische Unterdrückung und unmenschliche Handlungen« gegen Palästinenser.

Erwartungsgemäß wies die israelische Regierung alle Anschuldigungen als »absurd und falsch« zurück, so das israelische Außenministerium auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. HRW, das seinen Sitz in New York hat, verfolge seit Jahren »eine anti-israelische Agenda«. Die eher konservative Tageszeitung »The Jerusalem Post« sieht in dem Bericht den Versuch, Israel, das Westjordanland und den Gazastreifen in einen Staat zu drängen. Der 213-seitige Bericht trägt den aussagekräftigen Titel »A Threshold Crossed: Israeli Authorities and the Crimes of Apartheid and Persecution« (Eine überschrittene Schwelle: Israelische Behörden und die Verbrechen der Apartheid und Verfolgung) und basiert nach Angaben von HRW auf Fallstudien, Planungsunterlagen der Regierung und Erklärungen durch offizielle Stellen.

Darin untersucht die Organisation detailliert, wie israelische Behörden, Beamte und Militärs umgehen mit arabischen Israelis und den Palästinensern im besetzten Westjordanland, im Gazastreifen sowie in Ost-Jerusalem. HRW wirft Israel unter anderem Einschränkungen der Bewegungsfreiheit vor, Enteignung von Land im Westjordanland, Zwangsumsiedlungen und die Aufhebung grundlegender Bürgerrechte - ohne dass sich diese mit der Sicherheit rechtfertigen ließen.

»Prominente Stimmen haben jahrelang davor gewarnt, dass es nur ein kleiner Schritt hin zur Apartheid ist, wenn Israel nicht von dem eingeschlagenen Weg zur Vorherrschaft über die Palästinenser abweicht«, sagte Kenneth Roth, Executive Director von Human Rights Watch. »Diese detaillierte Studie zeigt, dass die israelischen Behörden diesen Schritt bereits hinter sich haben und heute die Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Apartheid und der Verfolgung begehen.«

Laut den Autoren des Berichts herrsche heute de facto »eine einzige Institution, die israelische Regierung, über einen Großteil des Gebiets zwischen Jordan und Mittelmeer«. Und diese Regierung bevorteile jüdische Israelis, während sie die Palästinenser unterdrücke, insbesondere in den besetzten Gebieten. Ziel dieser Politik sei es, »die Vorherrschaft jüdischer Israelis über Palästinenser in Israel sowie in den besetzten Gebieten aufrechtzuerhalten«. »In den besetzten Gebieten ist diese Politik mit der systematischen Unterdrückung und unmenschlichen Handlungen gegen dort lebende Palästinenser verbunden«, heißt es in dem Bericht.

Schon im Juli 2020 hatte Human Rights Watch an Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu geschrieben und ihn »um Unterstützung bei der Beschaffung von Informationen über Israels Behandlung von Palästinensern innerhalb Israels und in den besetzten palästinensischen Gebieten« gebeten. Die offizielle Stellungnahme sollte in den Bericht einfließen. Es kam nie eine Antwort.

HRW fordert nun Konsequenzen. So müsse der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegen Verantwortliche von Menschenrechtsvergehen ermitteln. Er ermittelt bereits wegen mutmaßlicher Verbrechen im Gazakrieg vom Sommer 2014. Jedoch will die israelische Regierung in keinem Fall zusammenarbeiten mit dem Gerichtshof und spricht ihm die Zuständigkeit ab. HRW fordert andere Länder zu Sanktionen gegen Verantwortliche auf. Auch in Israel selbst wird die Kritik schärfer: »Israel ist keine Demokratie, der eine vorübergehende Besatzung angehängt ist«, schrieb auf Twitter Hagai El-Ad, Executive Director von B'Tselem, Israelisches Informationszentrum für Menschenrechte in den besetzten Gebieten. Er nennt Israel ein »Regime« und sagt klar: »Wir müssen das Gesamtbild betrachten und es als das sehen, was es ist: Apartheid.«

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