Mehr Arbeit, weniger Einkommen

Weltweit verrichten Frauen in der Pandemie zusätzliche unbezahlte Carearbeit, gleichzeitig sind ihre Einkünfte besonders stark gesunken

In allen ökonomischen und sozialen Aspekten trifft die Corona-Pandemie Frauen weitaus härter als Männer. So sind ihre Einkommensverluste durch die Coronakrise höher als das Bruttonationaleinkommen von 98 Ländern zusammen. Mindestens 800 Milliarden Dollar weniger verdienen Frauen, umgerechnet rund 661,3 Milliarden Euro. 64 Millionen von ihnen haben den Arbeitsplatz verloren, das sind fünf Prozent aller weiblichen Beschäftigten. Von den Männern verloren hingegen 3,9 Prozent ihre Arbeit. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Berechnung der Entwicklungsorganisation Oxfam hervor, die sich auf Daten der Internationalen Arbeitsorganisation stützt.

»Frauen sind in der Pandemie doppelt gestraft. Sie schultern noch mehr unbezahlte Betreuungsarbeit und verlieren gleichzeitig an Einkommen«, fasst Sandra Dworack, Entwicklungsexpertin von Oxfam Deutschland, die Situation zusammen. Wie selbstverständlich würden Frauen einspringen, wenn Alte und Kranke gepflegt oder Kinder betreut werden müssen, die nicht zur Schule gehen können. Viele verkürzten ihre bezahlte Arbeitszeit oder stiegen vorübergehend sogar ganz aus dem Berufsleben aus. »Doch das ist nicht selbstverständlich, sondern eine gesellschaftliche Erwartung, die den Frauen durch sexistische Normen auferlegt wird. Frauen federn die gesellschaftliche Wucht der Pandemie ab - und bleiben dabei selbst auf der Strecke«, kritisiert Dworack.

Bereits vor der Corona-Pandemie haben Frauen und Mädchen laut Oxfam täglich 12,5 Milliarden Stunden unbezahlte Betreuungsarbeit geleistet.

Aber nicht nur wegen vermehrter Carearbeit trifft die Pandemie Frauen besonders schwer. Es spielt auch eine Rolle, dass sie weltweit viel häufiger als Männer in Berufen arbeiten, die schlecht bezahlt, wenig wertgeschätzt und von den Folgen der Pandemie besonders betroffen sind. Laut der Nichtregierungsorganisation »UN Women Deutschland« sind weltweit 70 Prozent des Personals in sozialen und Pflegeberufen weiblich. Demnach sind Frauen auch oft einem höheren Corona-Infektionsrisiko ausgesetzt. Zudem sind sie laut Oxfam überdurchschnittlich oft im Einzelhandel und der Gastronomie beschäftigt, Branchen, die durch Einschränkungen zum Infektionsschutz besonders von längerfristigen ökonomischen Folgen betroffen sind.

Die Vereinten Nationen schätzen, dass im Jahr 2021 weltweit zusätzlich 47 Millionen Frauen in extreme Armut geraten werden und mit weniger als 1,90 Dollar pro Tag auskommen müssen. Nach einer Kalkulation des Weltwirtschaftsforums wird es durch die Coronakrise sogar eine ganze Generation länger dauern, um den Global Gender Gap zu schließen, der die Unterschiede bei der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Teilhabe von Frauen und Männern bemisst. 135,6 Jahre wird es demnach noch dauern.

Laut Oxfam haben während der Coronakrise lediglich 36 Länder bessere Bedingungen für Lohnfortzahlung bei pflegebedingten Arbeitsausfällen geschaffen, in nur elf Ländern wurden kürzere oder flexiblere Arbeitszeitregelungen für Beschäftigte beschlossen, die zusätzliche Betreuungsaufgaben erledigen mussten.

Nicht nur wirtschaftlich sind Frauen extrem von der Pandemie betroffen. Der UN zufolge könnten die Verdienstausfälle dazu führen, dass sich mehr Frauen keine Verhütungsmittel leisten können. Dies könne zu bis zu sieben Millionen ungewollten Schwangerschaften führen, schätzen die Vereinten Nationen. Auch könnte die Zahl der Genitalverstümmelungen um zusätzlich zwei Millionen steigen. Der eingeschränkte Zugang zu sozialen Hilfs- und Beratungsangeboten steigert außerdem die Gefahr von häuslicher und sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Verschlimmert wird das Risiko dadurch, dass teils Kontrollinstanzen wie Schule und Freizeitinstitutionen komplett weggfallen.

»Eine Erholung von Covid-19 ist unmöglich, ohne dass sich die Frauen erholen«, erklärt Dworack von Oxfam und schlussfolgert: »Es gilt, die Wirtschaft nach der Pandemie geschlechter- und klimagerecht zu gestalten und soziale Ungleichheit insgesamt abzubauen.«

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