Kein Alleingang bei Markise oder Verglasung

wohnungseigentümer und Bauliche Veränderungen

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Balkone sind Gemeinschaftseigentum, ergo muss die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) darüber beschließen. Mit dem neuen Wohnungseigentumsgesetz können solche baulichen Veränderungen in der Regel aber einfacher als bisher umgesetzt werden, da nur noch die einfache Mehrheit der Eigentümerversammlung für den Beschluss nötig ist. Darauf weist der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) hin.

Balkone sind bei vielen Wohnungseigentümern und Mietern sehr gefragt und haben mit der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen. Sie sind - meist mit Ausnahme des Bodenbelags wie Kacheln - Gemeinschaftseigentum, das heißt, sie gehören der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Deshalb muss stets die WEG mit ins Boot.

Nur noch einfache Mehrheit

Wer sich eine Markise oder eine Balkonverglasung wünscht, muss hierfür einen Beschlussantrag in die Eigentümerversammlung einbringen (§ 20, Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz). Bei den genannten Maßnahmen handelt es sich um bauliche Veränderungen, die die Eigentümerversammlung nach der neuen Rechtslage nur noch mit einfacher Mehrheit beschließen muss.

Während früher alle Eigentümer ein »Vetorecht« hatten, um den Beschluss allein wegen optischer Veränderung der Fassade anzufechten, braucht es heute für eine Anfechtung einen wesentlich gravierenderen Nachteil. »Insofern wird es für einzelne Wohnungseigentümer nun deutlich einfacher, solche Maßnahmen auf eigene Kosten erlaubt zu bekommen«, sagt Sabine Feuersänger, Referentin bei WiE. Die neue Grenze lautet jetzt: Bauliche Veränderungen dürfen weder die Wohnanlage grundlegend umgestalten noch einen anderen Wohnungseigentümer unbillig benachteiligen (§ 20, Abs. 4 Wohnungseigentumsgesetz). Beides dürfte nach Einschätzung von WiE bei einer Markise oder einer Balkonverglasung kaum der Fall sein.

Wenn also die Mehrheit in der Eigentümerversammlung überzeugt werden kann, etwa auch durch die Bereitschaft, sich an Auflagen der WEG zu Farbe oder Material zu halten, steht der Maßnahme wohl nichts im Weg.

Nachträglicher Balkonanbau wird schwieriger

Dieses Risiko der »unbilligen Benachteiligung« Einzelner dürfte hingegen beim nachträglichen Anbau eines Balkons gegeben sein. Denn durch diese bauliche Veränderung wird in vielen Fällen der Wohnungseigentümer, der im Stockwerk darunter wohnt, sehr viel weniger Licht haben und sich dadurch erheblich benachteiligt fühlen.

Doch deshalb muss die Maßnahme nicht unbedingt scheitern: Beide Parteien können sich einigen (zum Beispiel mit Hilfe einer Ausgleichszahlung). Vorab zu klären ist natürlich, ob ein Balkonanbau überhaupt bautechnisch möglich und erlaubt ist.

Anfechtungsfrist abwarten

Wohnen im Eigentum rät Wohnungseigentümern, nach einem Gestattungsbeschluss der WEG für ihre Baumaßnahme unbedingt noch die einmonatige Anfechtungsfrist abzuwarten, bevor mit der Umsetzung einer Maßnahme begonnen wird - andernfalls besteht das Risiko, dass Markise, Verglasung oder der ganze Balkon wieder zurückgebaut werden müssen, falls nämlich der Beschluss von einem Gericht wegen einer »unbillige Benachteiligung« ohne Einverständnis für ungültig erklärt wird. WiE/nd

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