- Politik
- Indiens Premier versagt in der Pandemie
Stimme einer verzweifelten Nation
Arundhati Roy fordert Indiens Premier Modi wegen dessen Versagen in der Pandemie zum Rücktritt auf
Was viele ihrer Landsleute nur denken, hat sie offen formuliert: den Appell an Premier Narendra Modi, zurückzutreten. »Wir brauchen eine Regierung. Verzweifelt. Aber wir haben keine«, schrieb Arundhati Roy in einer Kolumne für das Online-Portal »Scroll.in«, in dem sie auf die dramatische Eskalation der Corona-Krise eingeht. Die Autorin und Sozialaktivistin gehört zu den wichtigsten indischen Intellektuellen. In dem Text nimmt sie abermals kein Blatt vor den Mund. Nie habe sie sich vorstellen können, Modi einmal um etwas zu bitten, heißt es da über den Mann, der das Land seit 2014 konsequent im Sinne der Hindunationalisten seiner Bharatiya Janata Party (BJP) umgestaltet hat. Jetzt müsse man diesen Stolz herunterschlucken, so Arundhati Roy. Modi möge Platz machen für jemand anderes, wohl auch aus der BJP. Aber eben eine Person, die handle. Noch gebe es die Chance für einen Abgang in Würde.
Arundhati Roy (59) wurde 1997 weltweit bekannt mit ihrem Erstlingsroman »Der Gott der kleinen Dinge«, für den sie den Booker-Preis erhielt. Sie lebt im von der Corona-Pandemie besonders hart getroffenen Delhi und setzt sich gegen den Hindu-Nationalismus, das Kastensystem, die atomare Aufrüstung Indiens und Staudämme ein. Ihre Kritik an der Corona-Politik der Regierung macht sie zur Stimme einer Nation, die zum größten Leidtragenden der Pandemie geworden ist. Die Gesamtzahl der Infizierten stieg seit Mitte April von 14 auf 21,5 Millionen, am Donnerstag kletterte der offizielle Tageswert ein zweites Mal über 400 000 Fälle. Real könnte es sogar das Zehn- oder Dreißigfache sein, wird gemutmaßt. Nicht nur auf Scroll.in hat sich die Autorin flehend zu Wort gemeldet. Auch im britischen »Guardian« schreibt sie von einem Land in Verzweiflung, wo selbst Ärzte zusehends hilflos sind und die Leichenverbrenner bei all den Toten gar nicht hinterherkommen.
Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann
Der Vorwurf, den nicht nur Roy erhebt: Zu lange habe die Modi-Regierung nichts getan. Im Gegenteil: Statt einen zweiten Lockdown zu verkünden, fanden Regionalwahlen statt und ließ man am Ganges sogar die Khumbh Mela stattfinden - mindestens 30 Millionen Menschen fanden sich, dicht an dicht, zum größten Hindu-Fest ein. »Wir werden Zeugen eines Verbrechens gegen die Menschheit«, klagt sie an. Thomas Berger
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