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  • Bezirksbürgermeister Sören Benn

Der Kiezblock als Blaupause

Langzeitserie zu Bezirksbürgermeistern der Linken: Pankow

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Zukunft des Bezirks im Blick: Sören Benn setzt auf eine zweite Amtszeit im Rathaus Pankow.
Die Zukunft des Bezirks im Blick: Sören Benn setzt auf eine zweite Amtszeit im Rathaus Pankow.

Wer zwischen Stadtmitte und Pankow unterwegs ist, wäre derzeit mit U- und S-Bahn oder selbst dem Fahrrad im Vorteil. Auf den Straßen geht es besonders am Morgen und nachmittags nur zäh voran. Das liegt neben den vielen Autos auch daran, dass scheinbar überall in den Ortsteilen Prenzlauer Berg, Weißensee und Pankow gebaut wird. Wohnen und Mobilität zählen in Berlins einwohnerstärkstem Bezirk zu den zentralen Themen.

Für Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) im Rathaus an der Breiten Straße sind die vielen Baustellen Anlass zur Freude, aber auch Quell steter Unzufriedenheit. Der Bezirk ist in Bewegung, Projekte werden angepackt, doch es dauert ihm viel zu lange, bis Erfolge für die Bürger sichtbar werden. Nicht zuletzt, weil auch Corona sehr auf der Arbeit der Verwaltung lastet, spricht er von einer »blockierten zweiten Hälfte der Legislaturperiode«.

Dass das Bundesverfassungsgericht erst kürzlich den Mietendeckel kassiert hat, hat den 52-Jährigen dennoch nicht entmutigt. Dabei hatte der rot-rot-grüne Senat damit den Mietwucher in der Stadt ausbremsen und den Menschen bezahlbares Wohnen im angestammten Kiez sichern wollen. »Ja, der Versuch war nicht erfolgreich«, sagt er. »Das heißt aber nicht, dass Rot-Rot-Grün gescheitert wäre, dass der Politikwechsel gescheitert wäre. Man sieht sehr deutlich an vielen Stellen in der Stadt, dass es hier tatsächlich einen Politikwechsel gegeben hat.« Fest macht er das etwa am Thema Mobilitätswende, für die die Koalition die Weichen gestellt habe - wie bei den Investitionen in den Radverkehr. Pankow arbeite daran, mit dem Ausbautempo beim Berliner Fahrradstraßennetz auf bezirklicher Ebene Schritt zu halten.

Benn sprüht vor Elan, zur Wahl der neuen Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Herbst tritt er als Spitzenkandidat der Linken wieder an. »Es ist wahnsinnig viel zu tun. Die Probleme wachsen ja immer nach, die Arbeit ist sowieso nie zu Ende«, sagt er dem »nd«.

»Ein wachsender Bezirk braucht mehr Kitas und Schulen, bezahlbaren Wohnraum, einen Ausbau der Verkehrsangebote bei Bus und Bahn sowie bei Rad- und Fußwegen.« Das zu erstreiten sei politischer Auftrag, hatte Sören Benn 2016 den Linke-Wählern versichert.

»Wir sind ja inzwischen 410 000 Einwohner in Pankow«, sagt Benn. Der Bezirk wächst jedes Jahr um bis zu 5000 Einwohner. Gebraucht werden Wohnungen, Schulen, Kitas, Einzelhandel, Gastronomie und nicht zuletzt Kultureinrichtungen - viele dieser Bereiche mussten in Corona-Zeiten zurückstehen.

Mit der Schulbauoffensive komme der Bezirk gut voran, auch wenn Pankows Schulen noch auf Jahre überbelegt bleiben, wie Sören Benn einräumt. »Wir werden 24 Schulen bauen bis 2028/2029. Dafür haben wir alle Grundstücke und auch die Finanzierung gesichert. Und auf alle Schulen kommt Solar.«

Lesen Sie auch: Teil 1 »Vom Torpedokäfer ins Rathaus« und Teil 2 »Ohne Kompetenz vor Ort geht nichts« zu dem Bezirksbürgermeister Pankows Sören Benn

Auch Wohnungsbau bleibt eine Daueraufgabe, jede Lücke wird bebaut. An der Prenzlauer Allee, Ecke Erich-Weinert-Straße entsteht gerade auf dem früheren »Robben & Wientjes«-Gelände ein riesiger Mehrzweckbau mit Läden, Büros und 110 Wohnungen. »Allein in den Jahren 2017, 2018 und 2019 haben wir insgesamt 5614 Wohnungen in Pankow für fast 10 000 Menschen gebaut.« Auch weil sich Anwohner, die aus Erfahrung die dafür nötige Infrastruktur einfordern, inzwischen Gehör verschaffen, verzögern sich selbst große Wohnbauprojekte wie den Blankenburger Süden oder das Pankower Tor. »Diese Projekte kommen vor allem deswegen nicht voran, weil Berlin verkehrlich nicht vorbereitet ist«, sagt Benn. Verantwortung dafür trage die Verkehrsverwaltung des Senats. »Innerhalb der Stadt brauchen wir meines Erachtens einen Ausbau der Straßenbahn. Doch die Verkehrsplanung dauert viel zu lange.«

Vorzeigbar ist die Bürgernähe der Verwaltung. Erstmals gibt es im Bezirk ein Büro für Bürgerbeteiligung, auch wenn es an vielen Stellen weiter an Personal mangelt. Immer mehr Behörden und Einrichtungen ziehen in die sanierten Klinkerbauten des neuen Verwaltungszentrums an der Prenzlauer Allee. »Die Fröbelstraße 17 ist ja schon Bezirksamt und BVV, und auch die 15 daneben, das alte Krankenhaus, kann nun komplett für die Verwaltung hergerichtet werden. Wir werden daraus einen Campus machen, der für die Bewohner der umliegenden Kieze offen ist.«

In die Kieze setzt der Bürgermeister große Erwartungen. In verkehrsberuhigten »Kiezblocks«, die den Durchgangsverkehr aussperren und schrittweise den Pkw-Bestand reduzieren, sieht Benn für Pankow einen Weg Richtung Verkehrswende. Es wäre ein Beitrag zum Klimaschutz und zu besserer Lebensqualität. »Wir brauchen insgesamt weniger Autos in der Stadt. Das kriegt man aber nur hin, wenn man die Halter nicht beschimpft, sondern Alternativen schafft, die mindestens ebenso brauchbar sind«, sagt er. Wie gut das klappt, will der Bezirk nun in Feldversuchen im Weißenseer Komponistenviertel und am Arnimplatz in Prenzlauer Berg erproben. Vorschläge für fast 20 »Kiezblocks« liegen bereit.

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