Bessere Teilhabe für behinderte Menschen
beschlossenes teilhabestärkungsgesetz steht in der kritik
»Der Gesetzentwurf enthält zwar auch gute Regelungen, die die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im Alltag erleichtern. So wird erstmalig ein Zutrittsrecht für Blindenführ- und andere Assistenzhunde in Geschäften gesetzlich verankert. Doch mit Blick auf die Teilhabe am Arbeitsleben bleibt das Gesetz vieles schuldig«, kritisiert Adolf Bauer, Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SoVD).
Die Neuregelung sieht vor, das Budget für Ausbildung zu erweitern. Künftig sollen auch Menschen, die schon in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeiten, über dieses Budget gefördert werden können. Zudem sollen die Möglichkeiten der aktiven Arbeitsförderung in den Jobcentern und Arbeitsagenturen ausgebaut werden. In den Leistungskatalog zur medizinischen Rehabilitation sollen digitale Gesundheitsanwendungen neu aufgenommen werden. Behinderte Menschen sollen künftig nach einer Reha-Maßnahme genauso unterstützt werden wie Langzeitarbeitslose. Sie erhalten damit Zugang zu geförderten Jobs auf dem zweiten Arbeitsmarkt sowie zu Sucht- und Schuldnerberatungsstellen.
Das Teilhabestärkungsgesetz bleibt jedoch vieles schuldig. Menschen mit Behinderungen waren schon vor Corona überdurchschnittlich viel arbeitslos. Die Zahlen steigen Corona-bedingt seit Monaten an. Im März betrug der Anstieg 12 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. »Schwerbehinderte Menschen, die zum ersten Mal arbeitslos geworden sind, bleiben länger arbeitslos als Menschen ohne Behinderungen«, so Claudia Tietz, Referentin für Behindertenpolitik.
In der Pandemie werden die Betriebe zu Recht unterstützt. Sie müssen aus Sicht des SoVD aber auch in die Pflicht genommen werden und Menschen mit Behinderungen beschäftigen. »Die von Bundesarbeitsminister angekündigte 4. Stufe der Ausgleichsabgabe wäre ein klares politisches Signal, mehr Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen. Doch sie fehlt im Gesetz«, kritisiert der SoVD-Chef.. »Die gesetzliche Beschäftigungsquote für Menschen mit Behinderungen ist seit Jahren unerfüllt. 43 000 Unternehmen, also ein Viertel aller Betriebe, die beschäftigungspflichtig wären, beschäftigen überhaupt gar keinen schwerbehinderten Menschen«, ergänzt Claudia Tietz.
Stattdessen schafft das Gesetz neue »Ansprechstellen« für Unternehmen, die aus der Ausgleichsabgabe finanziert werden sollen. So könnte künftig noch weniger Geld für die Unterstützung der behinderten Beschäftigten selbst in den Betrieben, beispielsweise für technische Arbeitsplatzausstattungen, zur Verfügung stehen. »Die unterlassene Erhöhung der Ausgleichsabgabe ist umso bitterer für die Betroffenen«, so Adolf Bauer. Agenturen/nd
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