Ein Titel für zwei Verfolger
DFB-Pokal: Dortmund und Leipzig spielen um den Sieg - und Machtansprüche
Anfang März sah sich Hans-Joachim Watzke genötigt, seinen Verein zu verteidigen. Und so sprach der Klubchef von Borussia Dortmund: »Ich sehe uns weiterhin als zweite Kraft in Deutschland.« Er sagte das vor dem Bundesligaspiel gegen den FC Bayern, Angriffe auf den Rekordmeister gehören ob der Münchner Dominanz anscheinend nicht mehr zum verbalen Kampfrepertoire. Nahezu folgerichtig verloren die Fußballer des BVB mit 2:4. Am Donnerstag bietet sich für die Borussia nun die Möglichkeit, dem eigenen Machtanspruch gerecht zu werden - gegen eben jenen Gegner, den Watzke mit Worten auf Abstand halten wollte. Im Finale des DFB-Pokals treffen die Dortmunder im Berliner Olympiastadion auf RasenBallsport Leipzig.
Watzke handelte damals in höchster Not. Der BVB drohte auf Platz fünf und angesichts stabiler Überraschungsteams wie der Frankfurter Eintracht und dem VfL Wolfsburg die Champions League zu verpassen. Ein Jahr ohne die vielen Millionen aus der europäischen Königsklasse wäre für die fußballerische Aktiengesellschaft aus Dortmund ein schwerer Schlag. Am vergangenen Wochenende gelang nach fast vier Monaten wieder der Sprung auf Platz vier - ausgerechnet mit einem 3:2-Erfolg gegen den Tabellenzweiten aus Leipzig. Sollte nun ein weiterer Sieg folgen, darf sich Watzke rühmen, mit aufrüttelnden Worten zum Aufschwung beigetragen zu haben.
Für Leipzig ist das Pokalfinale von noch größerer Bedeutung: Noch immer fehlt den Emporkömmlingen ein Titel. Und den Ruf eines lediglich ambitionierten Werksvereins würde die Red-Bull-Filiale der Bundesliga weiterhin gern Bayer Leverkusen überlassen. Denn das Image eines Vereins ist im Profifußball durchaus ein Faktor. Watzke nennt es »Strahlkraft«. Sie wirkt auf dem Markt - im Kampf um Spieler und Sponsoren.
Das wissen natürlich auch die Projektmanager in der Messestadt, allen voran Oliver Mintzlaff. Und so suchte der Leipziger Klubchef vor dem Pokalfinale die verbale Offensive: Es wäre künftig vorstellbar, »Stars von Borussia Dortmund zu verpflichten«. Ähnlich wie Watzke im März versucht Mintzlaff jetzt, Stärke in einer schwierigen Situation zu zeigen. Denn neben Trainer Julian Nagelsmann, den es zur Nummer eins nach München zieht, und Sportdirektor Markus Krösche verliert RB in diesem Sommer auch wichtige Spieler. So folgt beispielsweise Abwehrchef Dayot Upamecano seinem Coach zum FC Bayern. Deshalb ließ Mintzlaff die Fußballwelt wissen: »Wir sind im Angriffsmodus. Wir schrauben die Ambitionen nicht herunter.«
Derlei Selbstbewusstsein und Machtansprüche in Leipzig kommen nicht von ungefähr. Denn zum »Gesamtpaket« einer deutschen Nummer zwei hinter den Münchner Bayern gehört laut Watzke auch »sportlicher Erfolg über einen langen Zeitraum«. Ein sportlicher Vergleich beider Klubs ist erst seit dem Bundesligaaufstieg im Jahr 2016 möglich. Seit dieser Zeit erspielten die Leipziger 316 Punkte, Dortmund kommt auf 322. In dieser Saison wird RB höchstwahrscheinlich das zweite Mal in fünf Jahren vor dem BVB in der Tabelle landen. Zudem schafften es die RasenBallsportler in der vergangen Spielzeit bis ins Halbfinale der Champions League und ein Jahr zuvor schon einmal in das Endspiel um den DFB-Pokal. Ähnliches war den Dortmundern zuletzt vor vier Jahren gelungen.
Allerhand Selbstvertrauen haben sich die Leipziger also in den vergangenen Jahren erspielt. Und so wollen sie sich auch nicht von der Niederlage am vergangenen Wochenende in Dortmund vom Weg zum ersten Titel abbringen lassen. »Ich glaube, dass es im DFB-Pokal sowieso immer andere Spiele sind als in der Bundesliga. Das wird am Donnerstag keine Rolle mehr spielen«, meint Mittelfeldspieler Kevin Kampl, der seit vier Jahren das RB-Trikot trägt. Allerdings hat er in dieser Zeit meist unangenehme Erfahrungen mit dem BVB gemacht. Beim bislang letzten von insgesamt nur zwei Leipziger Siegen gegen die Borussia stand der Slowene zwar auch schon auf dem Platz, das ist allerdings dreieinhalb Jahre her. Danach konnte RB aus sieben Spielen gerade mal zwei Punkte mitnehmen, die Dortmunder gewannen fünfmal.
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