Arabische Staaten wollen sich um Vermittlung bemühen
Bundesregierung verurteilt einseitig Raketenangriffe der Hamas aus Gaza - Uno spricht von Verletzungen des Völkerrechts
Aus den Ausschreitungen der vergangenen Tage in Jerusalem ist ein veritabler militärischer Konflikt geworden: Hamas feuert Raketen auf Israel, die israelische Armee reagiert mit Bombenangriffen auf den Gazastreifen; auf beiden Seiten sterben Menschen. Die sogenannte Weltgemeinschaft schaut zu und reagiert mit den üblichen Appellen an die Kriegsparteien zur Zurückhaltung und Einstellung der Gewalt oder mit Verurteilungen.
So wie die deutsche Bundesregierung: Sie hat die Raketenangriffe auf Israel aus dem Gazastreifen »auf das Schärfste« verurteilt. »Es handelt sich um eine durch nichts zu rechtfertigende Eskalation in einer angespannten Lage«, sagte ein Regierungssprecher am Dienstag in Berlin.
An beide Seiten wandte sich die EU und forderte ein »sofortiges« Ende der Gewalt in Ost-Jerusalem und im Gazastreifen. »Der Abschuss von Raketen aus dem Gazastreifen auf die Zivilbevölkerung in Israel ist vollkommen unzulässig und heizt eine Eskalation an«, erklärte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Montagabend in Brüssel. Er rief auch zu einem sofortigen Stopp der Gewalt im von Israel besetzten Westjordanland und Ost-Jerusalem auf. Vor allem müssten weitere zivile Opfer vermieden werden. Alle Verantwortlichen müssten gegen »Extremisten« vorgehen, so der EU-Sprecher weiter, ohne zu sagen, wen er damit meinte. Bei den Palästinensern mutmaßlich die Hamas, und im Falle Israels?
Die Uno ließ ihr Hochkommissariat für Menschenrechte sprechen. Dies zeigte sich tief besorgt über die eskalierende Gewalt zwischen Palästinensern und Israelis. Beide Seiten sollten zu einer Beruhigung der angespannten Lage beitragen, forderte der Sprecher, Rupert Colville, in Genf. Das Hochkommissariat verurteilte die Attacken beider Seiten als Verletzungen des Völkerrechts.
Aus der Nahost-Region zielen die Verurteilungen hingegen praktisch allein auf die israelische Regierung. Die »unverhohlenen Angriffe« der »israelischen Besatzungskräfte« würden gegen »alle internationalen Normen und Gesetze« verstoßen, teilte das saudische Außenministerium in Riad am Dienstag mit. Israel müsse seine »ausufernden Handlungen sofort einstellen«. Saudi-Arabien unterstütze weiterhin eine umfassende Lösung der Palästinenserfrage samt der Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaats mit Ost-Jerusalem als dessen Hauptstadt.
Auch das Staatsoberhaupt des benachbarten Jordaniens, König Abdullah II., bezeichnete das Vorgehen Israels als Verstoß gegen internationales Recht und humanitäres Völkerrecht. Die Weltgemeinschaft müsse den »unrechtmäßigen Maßnahmen Israels und den gefährlichen Provokationen in Jerusalem die Stirn bieten«, teilte der Königshof in Amman mit. König Abdullah II. sprach auch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan über eine »aktive arabische, muslimische und internationale Haltung« gegenüber Israel. Aus Diplomatenkreisen erfuhr die Nachrichtenagentur AFP, dass Ägypten und Katar, die bereits in früheren Konflikten zwischen Israel und der Hamas vermittelt hatten, sich um eine Beruhigung der Lage bemühen würden.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nahm sich des harten Umgangs der israelischen Polizei mit den Palästinensern an und warf ihr missbräuchlichen und übertriebenen Einsatz von Gewalt gegen »größtenteils friedliche palästinensische Protestierende« in Ost-Jerusalem vor. Es habe bei den Protesten in den vergangenen Wochen unverhältnismäßige und teils »unprovozierte Angriffe auf friedliche Demonstranten« gegeben.
Die Auseinandersetzung zwischen Israel und Hamas haben auch die Tiefen der Berliner Politik erreicht. Nach einem umstrittenen Facebook-Post zum Nahost-Konflikt in Israel ist eine Berliner CDU-Politikerin nach Parteiangaben aus dem Landesvorstand ausgeschieden. Sie habe zudem ihren Austritt aus der Partei erklärt, teilte ein Sprecher am Dienstag mit. Die Politikerin hatte am Montag in einem Facebook-Post Israel und das Vorgehen des Staates in Jerusalem als »Verbrecher und Verbrechen gegen die Menschlichkeit« bezeichnet. Zuvor hatte sich der Landesverband auf Twitter geäußert: Die CDU stehe fest an der Seite der Menschen in Jerusalem und verurteile »die terroristischen Raketen-Angriffe der Hamas«.
Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, forderte die Palästinenser auf, »sich unmissverständlich von der Gewalt aus den eigenen Reihen zu distanzieren«. Er erkennt aber die »großen Enttäuschungen auf beiden Seiten« an: »Mit jeder Friedensinitiative, die im Sande verläuft, wächst die Frustration.«
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