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Keine Alleingänge der Regierung mehr

Bei EU-Verhandlungen muss der Bundestag informiert werden, entschied das Bundesverfassungsgericht

Bei Weichenstellungen der Europäischen Union darf die Bundesregierung keine Hinterzimmerpolitik betreiben, sondern muss so früh wie möglich den Bundestag über die Verhandlungen unterrichten. Das hat die schwarz-rote Regierung im Juli 2015 im Zuge der Griechenlandkrise versäumt, wie das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch in einer Mitteilung erklärte. Die Grünen-Bundestagsfraktion hatte einen Alleingang der Bundesregierung beanstandet und das Karlsruher Gericht angerufen. (Az. 2 BvE 4/15)

Die Grünen bemängeln in der Ende 2015 eingereichten Organklage die Ereignisse vom 11. bis 13. Juli 2015. Damals berieten in Brüssel erst die Finanzminister und dann die Staats- und Regierungschefs über ein zeitweiliges Ausscheiden Griechenlands aus dem gemeinsamen Währungsraum. Letztlich einigte man sich auf Bedingungen für ein weiteres Hilfspaket. Brisant ist insbesondere ein Dokument, das das Finanzministerium am 10. Juli an mehrere Spitzenpolitiker der Eurogruppe verschickt hatte; der Bundestag erhielt das Papier aber erst am 12. Juli. Darin stand auch eine Auszeit Griechenlands aus dem Euroraum als Möglichkeit.

Die Karlsruher Richter entschieden nun, dass der Bundestag über den Inhalt des Schreibens »spätestens nach Abfassen des Dokuments« am 10. Juli hätte unterrichtet werden müssen. »Eine Mitteilungspflicht besteht, sobald feststeht, dass ein Vorschlag oder eine Initiative der Bundesregierung zum Gegenstand von Verhandlungen auf europäischer Ebene gemacht und damit nach außen kommuniziert werden soll.«

Das Gericht verwies auf Artikel 23 des Grundgesetzes, nach dem die Regierung Bundestag und Bundesrat in EU-Angelegenheiten »umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt« unterrichten muss.

Ein möglicher vorübergehender Austritt Griechenlands aus dem gemeinsamen Währungsraum wäre »mit ganz erheblichen Auswirkungen« auf die europäische Integration und den Bundeshaushalt verbunden gewesen, hieß es. In Anbetracht dieser herausragenden Bedeutung und Komplexität der Angelegenheit »war eine besonders intensive Beteiligung des Deutschen Bundestages geboten«. Die Bundesregierung hatte ihr Vorgehen damit verteidigt, dass die Verhandlungsposition vor Beginn der Gespräche noch nicht endgültig festgelegt gewesen sei.

Die Grünen werten die Karlsruher Entscheidung als einen »Sieg für die parlamentarische Demokratie«. »Eine Hintergehung des Parlaments war und ist nicht hinnehmbar«, erklärten die Abgeordneten Manuel Sarrazin und Sven-Christian Kindler als Initiatoren des Verfahrens. Sie nannten es einen Skandal, dass der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das verschuldete Griechenland aus dem Euro habe drängen wollen. »Dass er diese Initiative gegenüber dem Bundestag verheimlicht hat, erst recht.«

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