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Deutsche Bank will ein bisschen grüner werden
Umweltschützer kritisieren die Nachhaltigkeitsziele des größten deutschen Geldhauses als zu wenig ambitioniert
Bereits Ende 2023 soll das Volumen nachhaltiger Finanzierungen mehr als 200 Milliarden Euro betragen. Denn die Deutsche Bank will nachhaltiger werden, wie die Konzernspitze auf ihrer Hauptversammlung, die am Donnerstag in Frankfurt am Main und online stattfand, mitteilte. Die Corona-Pandemie habe das Interesse an nachhaltiger Unternehmensführung (ESG) gestärkt: Drei Viertel der weltweit 2130 befragten Kunden gaben an, dass ihre Investitionen eine positive Auswirkung haben sollten. »Etwa die Hälfte« der Befragten will den Klimawandel künftig in ihre Investitionsentscheidungen »aufgrund seiner verändernden Kraft« einbeziehen.
Das Ziel von Konzernchef Christian Sewing lautet: »ESG zur neuen Normalität in der Deutschen Bank zu machen - in all unseren Prozessen«. Im eigenen Betrieb will die Deutsche Bank den Kohlendioxid-Ausstoß verringern: Bis 2025 sollen die über 5000 Dienstwagen in Deutschland 30 Prozent weniger Kraftstoff verbrauchen, bis 2030 deren CO2-Emissionen auf null sinken. Ihre neue Haltung will die Bank auch in der Besetzung von Führungspositionen deutlich machen: Bis 2025 sollen diese zu 35 Prozent von Frauen besetzt sein, derzeit seien es 29 Prozent. Zudem veröffentlicht die Bank erstmals für jeden einzelnen Geschäftsbereich Jahresziele für nachhaltige Finanzierungen und Kapitalanlagen. Auch für den Bereich Finanzkriminalität gelobte Sewing Besserung. Nach diversen Skandalen steht die Bank unter besonderer Beobachtung der Finanzaufsicht Bafin.
Zumindest Klimaschutz wird in der Finanzbranche mittlerweile größer geschrieben als früher. Erst im April starteten 43 Banken aus 23 Ländern, darunter die Deutsche Bank, Commerzbank und GLS Bank, die »Net-Zero Banking Alliance«. Ziel der vom UN-Umweltprogramm angestoßenen Allianz ist es, bis spätestens 2050 im Geschäftsbetrieb sowie in Kredit- und Investmentportfolios klimaneutral zu werden. Im Jahr 2020 hatten sich bereits viele deutsche Geldinstitute verpflichtet, ihre Geschäfte am Pariser Klimaabkommen auszurichten.
Das Akronym ESG gehört heute bei vielen Finanzdienstleistern und Unternehmen zum gängigen Sprachgebrauch: Der Begriff »Environment-Social-Governance« (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) hat sich durchgesetzt und steht für mehr als »Grünwaschen«. Vorstände reagieren damit auf das sich verändernde Kundenverhalten und die Erkenntnis, dass Klimarisiken auch Risiken für ihren eigenen Konzern bergen. So könnten klassische Geschäftsmodelle wie Kohle, Fernreisen oder SUV global schnell an Bedeutung verlieren, neue wie E-Mobilität oder »grüner« Stahl dagegen gewinnen.
»Wir müssen schnellstmöglich von Ambition zu Wirkung kommen«, fordert denn auch Sewing. Genau hieran hegen allerdings Klimaschützer Zweifel. Sie mahnen regelmäßig, dass Selbstverpflichtungen nicht ausreichen würden. Regine Richter von der Umweltorganisation Urgewald findet die Ankündigungen der Deutschen Bank »peinlich«. Kraftstoffverbrauch der Dienstwagen zu reduzieren oder Mitarbeitende weiterzubilden sei zwar gut und richtig, aber auch »Nachhaltigkeitsdenken aus den 1990ern«. Schritte zu verkünden, die leicht umsetzbar sind, aber niemandem wehtun, brächte wenig.
Denn gleichzeitig hält die Deutsche Bank an fossilen Geschäften fest. Zum Beispiel werde sie den Börsengang von Wintershall DEA organisieren, der seine Öl- und Gasgeschäfte um 30 Prozent steigern will, kritisiert der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Sewings Kundenliste ließe sich leicht ergänzen »um illustre Namen« wie Exxon-Mobil oder Glencore. Womit die Bank viel bewegen könnte, wären schärfere Ausschlussregeln für fossile Kunden. Die von Sewing verkündeten Regeln für den Kohle-, Öl- und Gassektor gelten im Vergleich mit Konkurrenten im Ausland als wenig ehrgeizig.
Die Deutsche Bank setzt statt auf harte Regeln lieber auf Gespräche mit ihren 2000 multinationalen Konzernkunden, um einen »glaubwürdigen Transformationsplan« zu erarbeiten. Schließlich benötigten selbst Ölkonzerne wie Shell finanzielle Hilfen, um nachhaltige Energiequellen zu erschließen. Und im Fondsgeschäft könnte sich, wie es viele Finanzdienstleister praktizieren, zunächst ein sogenannter Best-in-Class-Ansatz durchsetzen. Dann werden die zwei, drei Unternehmen einer Branche unterstützt, welche der Umwelt am wenigsten schaden.
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