Kein Platz für weiße Flecken und Dogmen
Einblicke in 30 Jahre Arbeit der Historischen Kommission der Partei Die Linke
Wer sich mit der Geschichte der SED/PDS, ab 2005 Partei Die Linke beschäftigt, sollte diesen Band unbedingt zur Kenntnis nehmen. Ronald Friedmann und Jürgen Hofmann haben Erklärungen, Stellungnahmen und Thesenpapiere der Historischen Kommission eben jener Partei gesichtet und gebündelt.
Jürgen Hofmann, Gründungsmitglied der Kommission, erinnert, wie alles begann, beleuchtet die Entstehungsgeschichte der Historischen Kommission, die Diskurse und Auseinandersetzungen in der PDS bzw. in der Linkspartei von 1990 bis in die jüngste Zeit. Ende Mai 1990 hatte das »Neue Deutschland« in einer kleinen Meldung darüber informiert, dass die Kommission Kultur- und Wissenschaftspolitik beim PDS-Parteivorstand sympathisierende Historikerinnen und Historiker aufgefordert habe, sich für eine Mitarbeit in einer zu bildenden Historischen Kommission zu melden. Bereits ein Monat später war es so weit. Die Historische Kommission der PDS konstituierte sich in Berlin, im November des Jahres folgte ihre erste Konferenz: »Der Stalinismus in KPD und SED - Wurzeln, Wirkungen, Folgen«, die seinerzeit große Aufmerksamkeit hervorrief.
Chronologisch werden die Diskussionsangebote der Kommission aus drei Jahrzehnten geschichtspolitischen Engagements dargelegt. Berichtet wird über die Zusammenarbeit mit anderen Gremien wie der Alternativen Geschichtskommission von Wolfgang Harich sowie Debatten über das ein Für oder Wider einer Mitarbeit in der Enquetekommission des Bundestages. Zur Geschichte der Kommission gehört auch, dass sich einige ehemalige Historiker und Historikerinnen der DDR sich durch diese nicht adäquat vertreten sahen, bestimmte Aussagen und Standpunkte nicht teilten und es so im Januar 1992 zur Bildung eines Marxistischen Arbeitskreises zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung kam, der unter deren Dach verblieb, aber engere Beziehungen zur Geschichtskommission der DKP pflegte. Der Zwist entzündete sich insbesondere an Debatten über die Vereinigung von KPD und SED 1946 und zum Mauerbau. 2001 trennte sich die Historische Kommission von jenem Arbeitskreis.
Der Aussage des am Ende des Bandes abgedruckten Interviews mit Jürgen Hofmann aus dem Vorjahr, dass keine andere Partei in der Bundesrepublik sich so intensiv mit ihrer eigenen Vorgeschichte auseinandergesetzt habe wie PDS/Linkspartei, ist voll zuzustimmen, auch wenn dies vom politischen Konkurrenten gern ignoriert wird. Die Historische Kommission bemühte und bemüht sich um Kontakte zu verschiedenen Vertretern und Einrichtungen der Geschichtswissenschaft, parteinahen Stiftungen und Bildungsvereinen. Sie ist Mitglied der jährlich in Wien stattfindenden Internationalen Tagung der Historiker*innen der Arbeiter- und anderer sozialer Bewegungen (ITH). Es gelang ihr, mit ihrem (nicht mehr existierenden) Pendant beim SPD-Parteivorstand ins Gespräch zu kommen. Anfängliche Blockadehaltung konnte durch eine Vereinbarung zwischen der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Rosa-Luxemburg-Stiftung aufgebrochen werden.
In diesem Kontext sei auch an die vielen Akteure erinnert, die sich mit großem Engagement und Leidenschaft der Arbeit der Historischen Kommission verpflichtet fühlten und fühlen, darunter Wilfriede Otto, Günter Benser, Jochen Czerny, Klaus Kinner, Daniela Fuchs, Kurt Libera, Ludwig Elm und Jörg Roesler. Nach dem Zusammenschluss von PDS und WASG kamen neue Mitstreiter hinzu. Aufgabe der Historische Kommission ist es nach wie vor, den Parteivorstand, Mandatsträger der Partei sowie parteinahe Bildungsvereine in historisch-politischen Fragen zu beraten und mit ihren Diskussionsangeboten die Meinungsbildung zu historisch-politischen Themen unter Mitgliedern und Sympathisanten zu unterstützen.
Ronald Friedmann/Jürgen Hofmann (Hg.): Den Sozialismus am humanistischen Ansatz messen. Erklärungen der Historischen Kommission beim Vorstand der Partei Die Linke. Kostenlos erhältlich als PDF unter: www.rosalux.de/publikation/den-sozialismus-am-humanistischen-ansatz-messen
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