Kardinal Marx bietet Papst seinen Rücktritt an

Jesuitenpater und Mitglied der Kinderschutz-Kommission: Angebot ist »außerordentlich wichtiges Zeichen«

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München. Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, hat Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten. Er habe den Papst in einem Brief vom 21. Mai gebeten, »seinen Verzicht auf das Amt des Erzbischofs von München und Freising anzunehmen und über seine weitere Verwendung zu entscheiden«, teilte das Bistum am Freitag mit.

»Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten«, schrieb Marx dem Papst. Die Untersuchungen und Gutachten der zurückliegenden zehn Jahre zeigten für ihn durchgängig, dass es »viel persönliches Versagen und administrative Fehler« gegeben habe, aber »eben auch institutionelles oder systemisches Versagen«.

Die katholische Kirche sei an einem »toten Punkt« angekommen, sagte Marx demnach. Mit seinem Amtsverzicht könne vielleicht ein persönliches Zeichen gesetzt werden für neue Anfänge, für einen neuen Aufbruch der Kirche: »Ich will zeigen, dass nicht das Amt im Vordergrund steht, sondern der Auftrag des Evangeliums.«

Der Jesuitenpater und Mitglied der Päpstlichen Kinderschutz-Kommission, Hans Zollner, nennt das Rücktrittsangebot von Kardinal Reinhard Marx ein »außerordentlich wichtiges Zeichen«. »Kardinal Marx zeigt, dass die Botschaft und die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Amtsträger wichtiger sind als die persönliche Stellung«, sagte Zollner der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Dies verdiene große Hochachtung. Zollner ist Mitglied der 2014 eingerichteten Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen.

Marx teilte dem Papst mit, er habe in den vergangenen Monaten immer wieder über einen Amtsverzicht nachgedacht. »Ich trage doch als Bischof eine «institutionelle Verantwortung» für das Handeln der Kirche insgesamt, auch für ihre institutionellen Probleme und ihr Versagen in der Vergangenheit«, hieß es in einer persönlichen Erklärung des Kardinals, die sein Bistum auf der Homepage veröffentlichte.

Seine Bitte um Annahme des Amtsverzichts sei eine ganz persönliche Entscheidung. »Ich möchte damit deutlich machen: Ich bin bereit, persönlich Verantwortung zu tragen, nicht nur für eigene Fehler, sondern für die Institution Kirche, die ich seit Jahrzehnten mitgestalte und mitpräge.« Bis zu einer Entscheidung über den Rücktrittswunsch soll er seinen bischöflichen Dienst weiter ausüben.

Für diesen Sommer wird ein Gutachten über Fälle von sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising erwartet, das vor allem herausarbeiten soll, wie sexueller Missbrauch von Priestern im Bistum möglich wurde und ob hochrangige Geistliche Täter schützten.

Der Jesuitenpater und Mitglied der Päpstlichen Kinderschutz-Kommission, Hans Zollner, hält das Rücktrittsangebot von Kardinal Reinhard Marx für ein »außerordentlich wichtiges Zeichen«. »Kardinal Marx zeigt, dass die Botschaft und die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Amtsträger wichtiger sind als die persönliche Stellung«, sagte Zollner der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Dies verdiene große Hochachtung. Zollner ist Mitglied der 2014 eingerichteten Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen.

Der Kirchenexperte Thomas Schüller sieht in dem Rücktrittsangebot des Münchner Kardinals Reinhard Marx auch Kritik an der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Erzbistum Köln. Marx wünsche sich Übernahme von Verantwortung, Umkehr und den Mut zu wirklichen Reformen, erklärte Schüller, der an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität lehrt. »Er greift Kardinal Rainer Maria Woelki frontal an, wenn er von denen spricht, die sich hinter juristischen Gutachten verstecken und nicht bereit sind, die systemischen Ursachen der sexualisierten Gewalt in der Kirche mit mutigen Reformen anzugehen«, sagte Schüller am Freitag.

Diese Botschaft richtet sich nach Worten Schüllers auch direkt an Papst Franziskus. Die Aussage von Marx' Schritt laute: »Sei so mutig wie ich und stoß endlich Reformen an.« Wenn der Papst Reformen wolle, »dann bleibt im Blick auf die sexualisierte Gewalt in der Kirche kein Stein auf dem anderen«.

Kardinal Marx übernehme mit diesem aufsehenerregenden Schritt einerseits persönlich Verantwortung für seine Versäumnisse als Bischof von Trier und als Erzbischof von München-Freising, was die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch angehe, würdigte der Direktor des Instituts für Kanonisches Recht. Alle deutschen Bischöfe würden sich nun an dieser souveränen und Größe zeigenden Bereitschaft zum Amtsverzicht und damit zur Übernahme von Verantwortung messen lassen müssen.

Marx ist einer der bekanntesten Bischöfe Deutschlands und war bis 2020 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). In der Reformdebatte der katholischen Kirche in Deutschland, dem »Synodalen Weg«, hatte er sich zuletzt als reformfreudig hervorgetan. Mit diesem Weg könne aus dem »toten« ein »Wendepunkt« werden, schrieb Marx an den Papst: »Ein Wendepunkt aus dieser Krise kann aus meiner Sicht nur ein «synodaler Weg» sein.« dpa/nd

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