Werbung
  • Politik
  • Landtagswahl Sachsen-Anhalt

+++ Bartsch: Ost-Kompetenz wieder in den Vordergrund stellen +++

Newsblog zur Landtagswahl +++ Hochrechnungen sehen CDU klar auf Platz ein ++++ Linke und SPD schneiden desaströs ab +++ Protest in Halle

  • Lesedauer: 15 Min.

Update 22:08 Uhr: Ost-Kompetenz zurückgewinnen
Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, bedauert, dass seine Partei trotz ihrer Ostkompetenz bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt nicht deutlicher punkten konnte. »In Sachsen-Anhalt hat die Linke versucht, unser zentrales Thema, nämlich die Ost-Kompetenz, nach vorne zu stellen, da haben wir in den letzten Jahren leider viel versäumt und es wird darauf ankommen, deutlich zu machen, gerade mit Blick auf die Bundestagswahl, dass wir die Vertreterinnen sind, die am ehesten Ostinteressen vertritt«, sagte Bartsch im phoenix-Interview.

Die Polarisierung im Vorfeld der Wahl »Haseloff oder AfD« habe dazu geführt, dass viele Wähler diesmal ihr Kreuz nicht bei der Linken gemacht hätten. »Viele Menschen haben gesagt: Bei der Bundestagswahl wählen wir euch, aber diesmal nicht, denn ich will nicht, dass die AfD stärkste Partei wird«, so Bartsch. Das mache ihn »einigermaßen unzufrieden«.

Er kritisierte auch die Wahlforscher: »Lange Zeit wurde auch noch am heutigen Tag artikuliert, «es gibt ein Kopf-an-Kopf-Rennen», ich finde, da gibt es auch eine Verantwortung von denjenigen, die Wahlumfragen erstellen.«

Update 21:25 Uhr: Wer regiert mit der CDU?
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat nach seinem Wahlerfolg vom Sonntag die Frage der künftigen Koalition zunächst offen gelassen. »Es wird ergebnisoffen und fair sondiert«, kündigte Haseloff am Abend in der ARD-»Tagesschau« lediglich an. Dabei werde sich die Landes-CDU »nicht durch bundespolitische Vorgaben instrumentalisieren lassen«, sondern »es geht um Sachsen-Anhalt«, stellte er weiter klar.

Haseloff bekräftigte auch die Abgrenzung zur AfD. »Für mich war immer klar, dass es mit der AfD nichts gibt«, sagte der Ministerpräsident. Diese klare Linie habe dazu beigetragen, dass viele Menschen zur Wahl gegangen seien.

Rechnerisch möglich wären nun sowohl eine Fortsetzung der Koalition mit SPD und Grünen als auch Bündnisse der CDU mit SPD und FDP oder FDP und Grünen, je nach Endergebnis möglicherweise auch ein Zweierbündnis von CDU und SPD.

SPD-Spitzenkandidatin Katja Pähle machte in der »Tagesschau« deutlich, dass ihre Partei gern weiter mitregieren würde. Ihre Partei habe in den vergangenen Jahren »viel für die Menschen in Sachsen-Anhalt bewegt«. Aus der Opposition heraus »geht das nicht«, sagte sie zur Begründung.

Grünen-Spitzenkandidatin Cornelia Lüddemann warb mit dem Argument des Klimaschutzes. Haseloff werde sich nun entscheiden müssen, ob er eine Regierungskonstellation wolle, »die den Klimaschutz voranbringt« oder nicht, warb sie für eine weitere Regierungsbeteiligung ihrer Partei.

FDP-Spitzenkandidatin Lydia Hüskens deutete ebenfalls Interesse an einem Eintritt in die Landesregierung an. Allerdings gelte es zunächst das Wahlergebnis abzuwarten und »dann Gespräche zu führen«.

Update 20:16 Uhr: Linker Protest in Halle
Für die gesellschaftliche Linke ist dieser Wahltag eine Niederlage. Knapp Zweidrittel der Wähler*innen haben sich in Sachsen-Anhalt entweder für eine konservative oder sogar extrem rechte Partei entschieden. Als Reaktion auf das Wahlergebnis gehen zur Stunde in Halle einige hundert Menschen auf die Straße, wie die Interventionistische Linke auf Twitter berichtet. »Das Ergebnis ist katastrophal und die Fortsetzung der neoliberalen Verwaltung des Status quo«, heißt es dazu. Die Wahle zeige »die rechte, rassistische und sexistische Realität in Sachsen-Anhalt«.

Update 19:50 Uhr: SPD macht Polarisierung CDU-AfD für Verluste verantwortlich
Die SPD macht die starke Polarisierung zwischen CDU und AfD für ihr schlechtes Abschneiden bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt verantwortlich. »Ich glaube, wir sind schlicht und ergreifend in einen Windschatten gekommen«, sagte der Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans am Sonntag. In dieser Lage hätten viele Menschen mit Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) »das bekannte Gesicht gewählt«. Die anderen Parteien hätten dagegen »extreme Probleme« gehabt.

Walter-Borjans räumte ein, dass er mit dem Wahlergebnis der SPD »alles andere als glücklich« sei. Dieses sei aber auf den genannten landespolitischen Effekt zurückzuführen und daher kein Signal für die Bundesebene.

Ko-Parteichefin Saskia Esken sieht auch einen Negativeffekt für die SPD durch die Corona-Pandemie. Diese habe sozialdemokratische Themen wie etwa die Sicherheit der Renten überlagert.

Landesparteichefin Juliane Kleemann räumte aber auch ein, dass die Sozialdemokraten mit einem Vertrauensverlust zu kämpfen hätten. »Vertrauen verliert man schnell, aber das zurückzugewinnen ist harte Arbeit«, sagte sie.

SPD-Spitzenkandidatin Katja Pähle machte deutlich, dass sie zu Gesprächen mit Haseloff über eine weitere Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten bereit sei, wenn der Ministerpräsident dazu einlade. »Für Gespräche unter Demokraten stehen wir zur Verfügung«, sagte sie am Wahlabend. Auch sie äußerte die Vermutung, dass die Polarisierung zwischen AfD und CDU der SPD geschadet habe.

Update 19:23 Uhr: Ein Weckruf für die Linke?
Die Verluste für die Linke bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt sind aus Sicht von Co-Parteichefin Janine Wissler ein »Weckruf« für die Partei mit Blick auf die Bundestagswahl. »Das Ergebnis ist für uns natürlich enttäuschend«, sagte sie am Sonntag in Berlin. »Es gilt jetzt, dass wir die Partei mobilisieren. Es gilt jetzt die Inhalte nach vorn zu stellen.« Die Coronakrise habe die soziale Ungleichheit verschärft, sagte Wissler. Deshalb werde die Linke gebraucht als Partei der Gerechtigkeit.

Update 19:10 Uhr: Von Angern räumt »herbe Niederlage« ein
Linke-Spitzenkandidatin Eva von Angern hat den Misserfolg ihrer Partei bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt eingeräumt. »Das ist eine herbe Niederlage - nichts, worüber ich mich freuen kann«, sagte von Angern am Sonntag im MDR in Magdeburg. Sie kündigte zugleich eine harte Oppositionsarbeit an. »Stimmen für die CDU wird es von der Linken für nichts geben«, sagte sie. »Wir werden Opposition mit hoher Wahrscheinlichkeit sein, und das werden wir konstruktiv durchziehen.« Nach den ersten Hochrechnungen hat die Linke deutlich verloren, sie erzielt demnach rund 11 Prozent (2016: 16,3 Prozent).

Update 19:00 Uhr: Linkes Debakel
Die AfD ganz vorn - so salonfähig ist der antidemokratische Rechtsaußenverein offenbar doch noch nicht. Das ist allerdings aus linker Perspektive das einzig Positive an dieser Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Wolfgang Hübner über SPD und Linkspartei in Sachsen-Anhalt.

Update 18:45 Uhr: Wollten Linke die AfD verhindern?
Die Linke hat nach Ansicht von Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch in Sachsen-Anhalt auch Stimmen eingebüßt, weil Wähler mit einer Stimme für die CDU die AfD als stärkste Kraft verhindern wollten. »Es gibt ja sehr viele Wähler, die von der Linken eher zur CDU gegangen sind, weil sie gesagt haben, dann will ich doch lieber die CDU als stärkste Partei«, sagte Bartsch im ZDF. Die Linken hat bei der Landtagswahl nach ersten Prognosen 11 Prozent geholt, nach 16,6 Prozent bei der letzten Wahl 2016.

Update 18:40 Uhr: Verhinderungswahl gegen die AfD
Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt stand vor allem die Frage im Raum, ob die rechtsradikale AfD weiter an Macht gewinnt. Nach der 18 Uhr-Prognose ist klar: Das ist nicht der Fall.

Update 18:04 Uhr: CDU gewinnt deutlich, Linke desaströs
Die Umfragen der letzten Wochen und das drohende Szenario einer AfD als stärkste Kraft in Sachsen-Anhalt haben offenbar viele Wähler*innen auf den letzten Metern mobilisiert. Laut 18-Uhr-Prognose der ARD wird die CDU mit 36 Prozent klar stärkste Kraft. Die AfD landet mit 22,5 Prozent deutlich dahinter auf Platz zwei und erreicht damit ein ähnliches Ergebnis wie bei der Landtagswahl vor fünf Jahren.

Großer Verlierer des Abends ist die Linkspartei. Erreichte sie mit rund 16 Prozent 2016 noch klar den dritten Platz, kommt sie nun laut Prognose auf 11 Prozent. Ebenfalls noch einmal schlechter als vor fünf Jahren schneidet die SPD ab. Sie erreicht 8,5 Prozent.

Die Grünen sind leicht stärker als beim letzten Mal, können aber längst nicht so sehr von ihrer Stärke auf Bundesebenen profitieren. Laut 18-Uhr-Prognose erreichen die Grünen 6,5 Prozent. Der Sprung in den Landtag dürfte der FDP gelingen. Die Liberalen waren 2016 mit 4,9 Prozent knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, mit 6,5 Prozent wären sie im Parlament vertreten. rdm

Update 17:15 Uhr: Rechte Gewalt im Wahlkampf
Während des Wahlkampfs kam es in Sachsen-Anhalt zu mehreren mutmaßlich extrem rechten Übergriffen und Anschlägen. In einem Fall wurde dabei auch Sprengstoff eingesetzt. Betroffen war davon der Bahnhof Seehausen in der Altmark. Hier lag das Basislager der Waldbesetzer*innen, die sich unter dem Motto »Moni bleibt« gegen eine Autobahnverlängerung durch den Stadtforst einsetzen. Am 17. Mai verübten Unbekannte zuerst einen Brandanschlag auf das Gebäude, die Feuerwehr war bis tief in die Nacht im Einsatz. In der Nacht zum 22. Mai kam es dann laut den Aktivist*innen zu einem weiteren Angriff, bei dem auch Sprengsatz eingesetzt worden sein soll.

Die Polizei sprach in einer ersten Meldung zuerst von einem »Böller«, erklärte jedoch später, dass es sich um »zwei selbstgebaute, unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen« handelte. Nur einer der Sprengkörper habe jedoch gezündet. »Etwa zehn Neonazis sollen daran beteiligt gewesen sein«, schrieb Robert Fietzke, Linke-Landtagskandidat aus Sachsen-Anhalt, auf Twitter zu den mutmaßlichen Verantwortlichen.

»Schon seit letzter Woche gab es immer wieder Drohungen aus der regionalen Neonaziszene, darunter auch der ‚Jungen Alternative‘«, erklärte diesbezüglich auch das Projekt »LSA-Rechtsaußen«. Zwischen beiden Angriffen hatte die AfD auf einer Kundgebung in Seehausen die Räumung des Camps der Waldbesetzer*innen gefordert. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen übernommen.

Dies war derweil nicht der einzige Angriff. Das Auto des Naumburger Linken und Flüchtlingshelfers Frank M. ging in Flammen auf, in Magdeburg zerstörten Unbekannte die Scheiben im Bürgerbüro des Magdeburger Grünen-Abgeordneten Olaf Meister, in Salzwedel gab es großflächige Nazi-Schmierereien, vor dem selbstverwalteten Wohn- und Hausprojekt Libertäres Zentrum (L!Z) in Magdeburg wurde ein Regal in Brand gesetzt. Fietzke sprach von einer »krassen Welle an rechter Gewalt« im Vorfeld der Wahlen. Sebastian Bähr

Update 16:56 Uhr: Wer will in den Landtag?
Von Olympia ins Parlament: Die ehemalige Weltklasseschwimmerin Antje Buschschulte will ihre Prominenz nutzen, um für Demokratie zu werben. Sie kandiert bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt für die Grünen - und hat ein klares Ziel.

Bodenständig, nahbar, lokal verankert: Christina Buchheim zeigt, wie man als Linke im ländlichen Raum des Ostens erfolgreich sein kann.

Der in der Ukraine geborene Igor Matviyets kandidiert bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt für die SPD. Der in Halle wohnende Jungpolitiker kämpft für mehr Vielfalt im Parlament – und außerhalb.

Update 15:58 Uhr: Von Angern kämpft für Gleichstellung
Eva von Angern hat die mangelnde Repräsentanz von Ostdeutschen in Führungspositionen zu ihrem zentralen Wahlkampfthema gemacht. »Nehmt den Wessis das Kommando« ließ die 44-jährige Magdeburgerin auf ein Plakat drucken - allerdings eins, das nie aufgehängt wurde. Und dennoch zog die PR-Aktion. Tagelang wurde das Plakat hitzig debattiert. Das habe der Benachteiligung von Ostdeutschen viel Aufmerksamkeit verschafft, sagt von Angern.

Auch überparteilich setzt sich die Anwältin für Gleichstellung ein, ist seit 2011 Vorsitzende des Landesfrauenrates. Im Landtag gehörte unter anderem der Kampf gegen Kinderarmut zu ihren Themen. Von Angern war lange rechtspolitische Sprecherin und führt inzwischen gemeinsam mit Thomas Lippmann die Landtagsfraktion.

Trotz des engagierten Wahlkampfes droht der Linken am Sonntagabend eine schwere Wahlschlappe.

Update 15:40 Uhr: Wer regiert künftig das Land?
Derzeit regiert in Sachsen-Anhalt unter Haseloff eine Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen. Die Grünen stehen wieder bereit für eine weitere Regierungsbeteiligung. »Ich will auf jeden Fall weiterregieren«, so die Grünen-Spitzenkandidatin Cornelia Lüddemann. Dies sei »die einzige Möglichkeit, um tatsächlich Inhalte durchzusetzen«.

SPD-Spitzenkandidatin Katja Pähle will ebenfalls weiter mitregieren, lässt aber konkrete Konstellationen offen. »Wir wollen auch in der nächsten Landesregierung eine prägende Kraft sein«, sagte Pähle.

Auch FDP-Spitzenkandidatin Lydia Hüskens hatte wiederholt die Bereitschaft zu einer Regierungsbeteiligung erklärt. Über mögliche Konstellationen will sie aber nicht spekulieren. Es müsse zunächst das Ergebnis am Wahlabend abgewartet werden. »Da werden wir schauen, welche Aufgabe wir bekommen vom Wähler, und damit konstruktiv umgehen«, sagte Hüskens im »Morgenmagazin«.

Auch unser nd-Kollege Max Zeising hat sich darüber Gedanken gemacht, welche Koalition Sachsen-Anhalt in Zukunft regieren könnte.

Update 15:30 Uhr: »Im Osten gab es kein 1968«
Die AfD hat sich in den vergangenen fünf Jahren in Sachsen-Anhalt etabliert. Wie lässt sich diese Verstetigung erklären? Torsten Hahnel von »Miteinander e.V.« spricht im Interview über die vielfältigen Ursachen.

Update 15:09 Uhr: So sieht die Wahlbeteiligung aus
Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt sind bis 14.00 Uhr 27,1 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen gegangen. Zudem sei mit einem erhöhten Briefwahlanteil zu rechnen, was am Ende des Tages noch in die Wahlbeteiligung einfließen werde, teilte die Landeswahlleitung mit. Bei der Landtagswahl am 13. März 2016 lag die Wahlbeteiligung den Angaben zufolge um 14.00 Uhr bei 35,4 Prozent, bei geringerem Briefwahlanteil.

Update 14.30: AfD profitiert von »Orientierungslosigkeit« der CDU
Die AfD in Sachsen-Anhalt verdankt ihre Stärke nach Ansicht des Politologen Wolfgang Schroeder der partiellen Integrationsschwäche und »Orientierungslosigkeit« der CDU im Osten. Die AfD sei mit ihrem Oppositionskurs gegen die schwarz-rot-grüne Regierung »sehr erfolgreich« gewesen und habe sie im Streit um die Rundfunkgebühren fast zum Zerfall gebracht, sagte Schroeder der Nachrichtenagentur AFP. »Das entscheidende Problem ist eine ostdeutsche CDU, die anders als im Westen keine klare Grenze zur AfD ziehen kann.«

Der Kasseler Politikwissenschaftler erwartet, dass die AfD bei der Landtagswahl am Sonntag »mindestens so stark wie 2016« wird, als sie 24,3 Prozent erreichte. Er verwies darauf, dass die AfD-Werte in Umfragen häufig niedriger lägen als die tatsächlichen Wahlergebnisse der Partei. So habe sie in Sachsen-Anhalt 2016 über fünf Punkte mehr im Vergleich zu ihren Umfragewerten kurz vor der Wahl erzielt.

In Sachsen-Anhalt sei die Partei inzwischen fest verankert, sagte Schroeder. »Die AfD hat sich erfolgreich als rechtspopulistische Formation auf Landesebene etabliert, die unabhängig von Personen existiert, weil sie eine bestimmte Funktion hat - die Stimme der Unzufriedenen und Politikfernen zu artikulieren und das Establishment grundsätzlich in Frage zu stellen, indem sie das Unbehagen und den Zorn gegen die Verhältnisse mobilisiert.«

»Das ist Ost-AfD pur«, sagte der Politologe. Diese nehme für sich in Anspruch, »Vertreter eines in Gesamt-Deutschland nicht stark gewürdigten Lebensstils zu sein, der um seine Anerkennung kämpft und gleichzeitig mit diesem Kampf auch eine grundsätzlichere Infragestellung der liberalen und repräsentativen Demokratie formuliert«.

Die Äußerungen des Ostbeauftragten Marco Wanderwitz, Menschen in Ostdeutschland seien teilweise »diktatursozialisiert« und nicht in der Demokratie angekommen, sieht Schroeder als »Steilvorlage« für die AfD im Wahlkampfendspurt. Die Äußerungen hätten eine »hohe Mobilisierungsqualität« für die Partei, sagte er. »Dann hat man einen Aufreger, eine Richtungsanzeige, die heißt: Diese Christdemokraten haben uns abgeschrieben, die sind für uns keine Ansprechpartner mehr.«

Für die CDU müsse stattdessen die Orientierung »abgrenzen ohne auszugrenzen« galten, sagte Schroeder. Er verwies zugleich darauf, dass die hohe Zahl von Briefwählern und die vielen noch unentschlossenen Wähler eine Prognose erschwerten.

Was passiert in Sachsen Anhalt?

Magdeburg. In Sachsen-Anhalt hat die Landtagswahl begonnen, die Wahllokale sind seit 8.00 Uhr geöffnet. Rund 1,8 Millionen Menschen sind zur Wahl des neuen Landesparlaments in Magdeburg aufgerufen. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat laut Umfragen gute Chancen auf eine dritte Amtszeit, sollte seine Partei wieder stärkste Kraft werden. Nach den jüngsten Umfragen könnte es aber zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD kommen.

Es ist die letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl im September. Wegen der Corona-Pandemie wird wie zuletzt in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mit einem hohen Briefwahl-Anteil gerechnet.

Sachsen-Anhalt wird seit fünf Jahren von Deutschlands erster Kenia-Koalition regiert, einem Bündnis aus CDU, SPD und Grünen. Fraglich ist, ob eine Neuauflage dieser Koalition zu Stande kommt. Sollte der FDP der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde gelingen, wäre gegebenenfalls auch eine sogenannte Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP möglich. 2011 und 2016 hatten die Liberalen den Sprung in den Landtag verpasst. Eine Zusammenarbeit mit der AfD nach der Landtagswahl hatte Ministerpräsident Haseloff im Wahlkampf ausgeschlossen.

Bei der Landtagswahl 2016 hatte die CDU 29,8 Prozent erreicht, vor der AfD mit 24,3 Prozent, der Linken mit 16,3 Prozent und der SPD mit 10,6 Prozent. Die Grünen kamen auf 5,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung hatte bei 61,1 Prozent gelegen. Agenturen/nd

Lesen Sie auch:

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.