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  • Die Grünen in Sachsen-Anhalt

Weit unter den eigenen Ansprüchen

Das Abschneiden der Grünen in Sachsen-Anhalt zeigt, dass die Partei in Ostdeutschland weiterhin Schwächen hat

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 4 Min.

Am Montagnachmittag präsentierte sich ein sichtlich enttäuschter Robert Habeck den Medien. Es habe bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt »Hoffnungen und Erwartungen von stärkeren Zuwächsen« gegeben, erklärte der Vorsitzende der Grünen in der Berliner Parteizentrale. Aber es gebe eben in der Bevölkerung die Sehnsucht nach starken und vertrauenswürdigen Personen. Das war aus seiner Sicht ein zentraler Grund dafür, warum die CDU von Ministerpräsident Reiner Haseloff die Wahl deutlich gewonnen hat.

Die Grünen kamen hingegen auf lediglich 5,9 Prozent der Stimmen und stellen die kleinste Fraktion im Magdeburger Landtag. Umfragen hatten sie in dem ostdeutschen Bundesland zuletzt noch zwischen 8 und 12 Prozent gesehen. Das ist ein Hinweis darauf, dass solche Erhebungen mit Vorsicht zu genießen sind und die Grünen dabei überschätzt werden können.

In ostdeutschen Bundesländern haben es die Grünen traditionell schwerer als im Westen. Bereits am Wahlabend verwies Robert Habeck darauf, dass die Debatte über höhere Benzinpreise, die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock vor wenigen Tagen angestoßen hatte, den Wahlkämpfern in Sachsen-Anhalt »sicherlich nicht geholfen« habe. Die Grünen wollen bei der CO2-Bepreisung schneller vorgehen als die Bundesregierung und im Jahr 2023 einen Preis von 60 Euro pro Tonne einführen. Das würde sich auch auf die Benzinpreise auswirken. Die Pläne der Grünen sehen vor, dass sich der Preis für einen Liter Benzin bis 2023 um 16 Cent erhöhen würde. Mit diesem Vorstoß hatten sie Kritik von vielen Seiten auf sich gezogen. Die SPD warf ihrer Konkurrentin vor, sich beim Klimaschutz zu wenig um die soziale Lage zu kümmern. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) meinte, es gehe nicht, »dass die Preise immer weiter nach oben gehen«.

Kein Rückenwind von der Bundespartei

Die Grünen werden sich darauf einstellen müssen, dass sie auch in den folgenden Wochen in der Bundespolitik hart angegangen werden. Dazu zählen auch die Debatten um den Lebenslauf der Kanzlerkandidatin. Dieser enthielt unter anderem ungenaue Angaben zu ihrem Studienabschlüssen. Fragen warfen auch Baerbocks angebliche Mitgliedschaften in Organisationen, beispielsweise beim UNHCR, auf. Hinzu kamen Zahlungen der Partei, welche die Parteichefin zunächst nicht als Nebeneinkünfte im Bundestag angegeben hatte.

Grüne bei alten Ostdeutschen unbeliebt

Diese kleinen Schnitzer von Baerbock dürften bald keine große Rolle mehr spielen und bei den Wählern in Vergessenheit geraten. Die Probleme der Grünen in vielen Regionen des Ostens bleiben aber bestehen. Aussagen aus der Partei deuten nun darauf hin, dass es Überlegungen gibt, wie man den Wählern in Ostdeutschland ein besseres Angebot machen kann als bisher. Nach den Worten von Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt müssen die Grünen ihre Wähler nicht nur in Städten, sondern auch in ländlichen Räumen ansprechen. »Wir müssen da wirklich weiter dran arbeiten, deutlich zu machen: Wir sind eine Partei, die in Stadt und Land zu Hause ist«, sagte Göring-Eckardt am Montag im rbb-Inforadio. Ähnliche äußerte sich auch Habeck bei der Pressekonferenz. »Wir müssen uns stärker mit der Verbesserung der Daseinsvorsorge und der öffentlichen Infrastruktur beschäftigen«, sagte er.

Die Grünen gewinnen vor allem bei Jungen, Städtern und Akademikern. Bei anderen Gruppen sind sie oft außen vor. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner, der in Thüringen geboren wurde und neben Göring-Eckardt einer der wenigen ostdeutschen Spitzenpolitiker bei den Grünen im Bund ist, verwies im Kurznachrichtendienst Twitter darauf, dass seine Partei ihr bestes Ergebnis von 19 Prozent bei Frauen bis 24 Jahre erreicht hätte. »Bei den über 60-Jährigen brechen wir, anders als bei Wahlen in Westdeutschland, auf vier Prozent ein. Es fehlt das Aufwachsen seit den 1980er Jahren mit den Grünen«, schrieb Kellner.

Es liegt nahe, dass er mit einer solchen Aussage seinen Parteikollegen im Osten Mut machen und sie trösten wollte. Doch was folgt daraus? Müssen die Grünen ein paar Jahrzehnte abwarten, bis sie auch im Osten davon träumen dürfen, eine Volkspartei zu werden? Für den anstehenden Bundestagswahlkampf ist das natürlich keine Strategie. Dann wollen die Grünen das Thema Klimaschutz in den Mittelpunkt stellen. »Das wird das Megathema und wir brauchen hierfür eine breite Mehrheit«, sagte Habeck. Im bundesrepublikanischen Diskurs sieht er ein großes Interesse am Klimaschutz. Das habe es in der Form in Sachsen-Anhalt nicht gegeben. »Deswegen ist die Bundestagswahl auch nicht mit der Landtagswahl vergleichbar«, so der Grünen-Vorsitzende.

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