Perus Militärs und Banken machen mobil

Der Wahlsieg des Marxisten-Leninisten Pedro Castillo stößt auf rechten Widerstand

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.

Das nationale Wahlbüro Perus (ONPE) hat das amtliche Endergebnis zwar noch nicht bekannt gegeben, aber Pedro Castillo von der marxistisch-leninistischen Partei Perú libre (Freies Peru) ist der Wahlsieg nicht mehr zu nehmen. Knapp 99,8 Prozent der Stimmen waren bei Redaktionsschluss bereits ausgezählt, die 71 000 Stimmen Vorsprung für Castillo werden reichen. Mit guten Gründen hat sich der Grundschullehrer und Gewerkschaftsaktivist deshalb zum Wahlsieger erklärt. Die ultrarechte Keiko Fujimori verpasst nach 2016 zum zweiten Mal auf der Zielgeraden den Einzug in den Präsidentenpalast.

Dienstagnacht war für Carlos Herz bereits alles klar. »Der Vorsprung von rund 80 000 Stimmen von Pedro Castillo wird reichen. Er wird der neue Präsident Perus«, prophezeite der peruanische Entwicklungsexperte mit Wohnsitz in Lima und Arbeitsplatz in der alten Inkastadt Cusco. Das bestätigte sich am Mittwochvormittag in Lima. Vor seinen Unterstützerinnen und Unterstützern sagte der 51 Jahre alte Castillo: »Wir werden eine Regierung mit finanzieller und wirtschaftlicher Stabilität sein.«

Für die ultrarechte Keiko Fujimori ist der Traum vom Einzug in den Präsidentenpalast in Limas Altstadt geplatzt. Zum zweiten Mal ist die 46-jährige Tochter von Ex-Diktator Alberto Fujimori an wenigen Zehntausend Stimmen auf der Zielgeraden gescheitert. 2016 fehlten ihr 40 000 Stimmen gegen den Wirtschaftsliberalen Pedro Pablo Kuczynski. Doch diesmal ist die Niederlage noch dramatischer, denn gegen die Berufspolitikerin laufen mehrere Prozesse wegen Korruption und illegaler Wahlkampffinanzierung, die sie für Jahrzehnte hinter Gitter bringen könnten, so Experten wie Carlos Monge vom Natural Resource Governance Institute. Das Institut mit einer Dependance in Lima engagiert sich für einen transparenten und effektiven Umgang mit den Ressourcen und beobachtet die politische Entwicklung im Bergbauland Peru. Dazu gehört es auch, die Verbindungen der Kandidaten in die peruanische Wirtschaft zu analysieren.

»Es gibt keinen Zweifel, dass Keiko Fujimori nahezu alle Großunternehmen hinter sich hat, eine konservative Mehrheit im Kongress zusammengestellt hat und obendrein auch noch die Spitze der Militärs hinter sich weiß.« Fakten, die es Pedro Castillo schwer machen werden zu regieren, nachdem das Wahlergebnis in ein paar Tagen offiziell bekannt gegeben und er dann später die Präsidentenschärpe umgelegt bekommen haben wird.

Monge hält Proteste gegen den Sieg von Castillo für wahrscheinlich, denn bereits am Montagabend sprach Keiko Fujimori von Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung und so macht das Wort von Wahlbetrug zumindest in extremen Fujimori-Kreisen in Lima die Runde. Zu Unrecht, so Wahlbeobachter und der Präsident des Wahlgerichtes, Jorge Luis Salas, gegenüber der Tageszeitung »La República«. Das schädige die peruanische Demokratie. Zudem widerspreche es den Spielregeln, auf die sich beide Kandidaten vor den Wahlen verständigt hatten.

Fujimori hatte angekündigt, jedes Ergebnis zu akzeptieren, solange sie vorne lag. Jetzt zieht sie hinter den Kulissen alle Register, um ihr politisches Aus angesichts der drohenden Prozesse zu verhindern. Genau das könnte Pedro Castillo den Start in die Amtsperiode erschweren, in die auch der 200. Jahrestag der Unabhängigkeit Perus 1821 fällt. Eine Großbank in Lima, wo die rechtspopulistische Keiko Fujimori mit großem Vorsprung gewonnen hat, offeriert ihren reichen Kunden bereits den Transfer ihres Vermögens ins sichere Kanada.

Der Devisenabfluss könnte für den designierten linken Präsidenten genauso zum Problem werden, wie er einst für Hugo Chávez in Venezuela zum Problem wurde, so Entwicklungsexperte Carlos Herz. Pedro Castillo, der vor allem in den ländlichen Regionen seine Wähler hat, muss nun in Lima erst einmal Fuß fassen. »Castillo hat es versäumt, die Mittelschicht abzuholen und Vorbehalte in der Wirtschaft zu entkräften. Es kursieren Gerüchte, dass die Militärs einen linken Präsidenten nicht tolerieren werden«, so Herz. Castillo bläst der Gegenwind schon lange vor seiner Vereidigung ins Gesicht.

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