Profit geht vor Kommunikation

IG Metall demonstriert mit Beschäftigtem gegen Entlassungen bei Francotyp-Postalia

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 2 Min.

Auch an anderer Stelle in Friedrichshain gibt es am Mittwochvormittag viel Lärm. In der Palisadenstraße kämpfen Francotyp-Postalia-Beschäftigte (FP) und die Gewerkschaft IG Metall gegen geplanten Personalabbau. Gegenüber vom Kundgebungsort, im Umspannwerk Ost, trifft sich der FP-Vorstand, um auf der virtuellen Hauptversammlung des Unternehmens die künftige Personalpolitik vorzustellen. »Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Arbeit klaut!«, schallt es als Sprechchor zu den offenen Fenstern hoch, aus denen ein paar Gesichter zu den Protestierenden hinabschauen und winken.

Für zukunftsfähig halten die Arbeiter*innen diese Pläne nicht - denn es sollen Stellen gekürzt und Mitarbeitende in Tochterunternehmen ohne Tarifvertrag und Betriebsrat versetzt werden, erklärt Thomas Weber, zuständiger Generalsekretär der IG Metall. »In Berlin arbeiten etwa 270 Beschäftigte für den Betrieb, davon sollen 55 bis 60 entlassen werden«, so Weber. Die Maßnahmen würden vom Vorstand als alternativlos dargestellt, obwohl der Betriebsrat innovative Konzepte ohne Personalentlassungen für eine Transformation des Unternehmens vorgelegt habe. »Die Antwort ist immer: Dafür haben wir keine Zeit, und die Kosten sind zu hoch«, sagt Weber. Deshalb führen die Beschäftigten auf ihrer Kundgebung eine alternative Hauptversammlung durch. »Vorstände kommen und gehen, aber die Beschäftigten bleiben und sind der Kern des Betriebs«, so Weber.

Der stellvertretende Vorsitzende des Gemeinschafsbetriebsrates aller FP-Gesellschaften, Andreas Lüneburg, sieht das genauso. »Wir versuchen, Gespräche mit dem Vorstand zu führen, aber es ist keine Kommunikation mit uns gewünscht«, sagt er. Auch die Tarifverhandlungen nach Auslaufen der Haustarifverträge im letzten Jahr seien bisher nicht erfolgreich gewesen. »Wir fordern Tarifverträge für alle Beschäftigten, damit engagierte Mitarbeiter*innen zu uns kommen und auch gehalten werden können«, so Lüneburg.

Das Unternehmen selbst antwortet auf nd-Anfrage, es setze Restrukturierungsmaßnahmen um, damit sich FP zu einem »nachhaltig profitablen, internationalen Technologiekonzern« wandeln könne. Der Markt für Frankiermaschinen sei rückläufig, und es müssten Kosten eingespart werden, so Anna Lehmann aus der Pressestelle.

Eine der Teilnehmenden der alternativen Hauptversammlung ist Franziska Falter. Sie arbeitet für FP InovoLabs, nachdem sie 2019 nach ihrer Ausbildung übernommen wurde. »Jetzt muss ich mir einen neuen Job suchen, obwohl ich gerne hierbleiben würde«, sagt sie. Sie rechnet mit ihrer Entlassung, weil ihr noch keine Perspektive der Weiterbeschäftigung angeboten wurde. »Dabei habe ich bestimmtes Wissen, dass dann einfach verloren ist, wenn ich weg bin«, so Falter. Kampflos möchte sie ihren Arbeitsplatz nicht aufgeben: »Wenn ich schon gehen muss, dann soll wenigstens die Öffentlichkeit darauf aufmerksam gemacht werden, was hier passiert.«

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