Moskau »zurückdrängen, einschränken und einbinden«

Josep Borrell präsentiert Russland-Bericht für den kommenden EU-Gipfel

Josep Borrell ist skeptisch: »Die Aussichten, dass sich die Dinge in nächster Zeit verbessern könnten, sind nicht allzu rosig.« Die Dinge, das sind in diesem Fall die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland und nicht zwischen Spanien und Katalonien, wo der sozialdemokratische Katalane Josep Borrell ein entschiedener Gegner des Unabhängigkeitslagers ist und einem Dialog wenig abgewinnen kann. In Bezug auf Russland sieht das ähnlich aus: Aus Sicht des EU-Außenbeauftragten seien die EU-Beziehungen zu Russland »auf einem Tiefpunkt« und es werde wohl »schwierig sein, sie zu verbessern.«

Mit seinen Aussagen hängte Borrell schon vor der Präsentation des neuen Russland-Berichts am Mittwoch die Erwartungen tief. Dort schlug er dann eine dreiteilige Strategie zum künftigen Umgang mit Russland vor. Die EU müsse Moskau »zurückdrängen, einschränken und einbinden«, sagte Borrell in Brüssel. Gleichzeitig müsse die EU aktiver und vorausschauender in ihrer Russland-Politik werden, und die Mitgliedstaaten müssten auf Einzeldeals mit Moskau verzichten. Deshalb müssten die EU-Regierungen verstehen, dass sie nicht jeweils für sich alleine »bilaterale Deals mit Russland schließen können«, sagte Borrell. »Wenn alle sagen: Ihr müsst mit der Europäischen Union sprechen, dann muss Russland mit der Europäischen Union sprechen oder mit niemandem.«

Die Staats- und Regierungschefs hatten Borrell im Mai aufgefordert, vor dem Gipfel am 24. und 25. Juni »Handlungsoptionen« für das weitere Verhältnis zu Russland zu präsentieren. Borrells Vorschläge sollen nun von den Mitgliedstaaten bewertet und gegebenenfalls angepasst werden. Beim EU-Gipfel soll ein umfassender Ansatz vorgestellt werden, so es innerhalb der EU-Staaten unter den Staats- und Regierungschefs zu einer gemeinsamen Position kommt. Das ist unter den 27 Mitgliedstaaten alles andere als sicher.

In seiner Dreier-Strategie schlägt Borrell im Bereich des Zurückdrängens vor, Russland bei Menschenrechtsverletzungen oder dem Bruch von Völkerrecht wie im Ukraine-Konflikt klar entgegenzutreten. Gleichzeitig müsse die EU »robuster und widerstandsfähiger« werden und ihre Kapazitäten bei Cybersicherheit und im Verteidigungsbereich ausbauen, um sich gegen Versuche Russlands zu wappnen, die EU zu untergraben.

Borrell schlägt in diesem zweiten Bereich der Einschränkung vor, auch den »Hebel« des Wandels in der EU-Energieversorgung gegenüber dem wichtigen Öl- und Gasexporteur Russland zu nutzen. Konkret blieb er aber hier vage. Auf eine Frage nach der russisch-deutschen Pipeline Nord Stream 2 sagte der Spanier, es sei »kein europäisches Projekt« und trage nicht zum Ziel der Diversifizierung der Energiequellen der EU bei.

Einbinden will Borrell Russland unterdessen in »Schlüsselbereichen«, die für die EU von Interesse sind. Er nannte den Kampf gegen den Klimawandel oder die Atomgespräche mit dem Iran. Er lehnte es aber ab, an diese Fragen vorab Bedingungen aus anderen Bereichen zu knüpfen.

Die Beziehungen zwischen Moskau und Brüssel sind seit Langem zerrüttet. Die Europäische Union verhängte seit März 2014 schrittweise Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Konflikts. Mit Agenturen

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -