Gesetzgeber sichert die Renditen von Sparern
Strengere Regulierung von Zinsplattformen
Der Untergang der australischen Greensill Bank hat hohe Wellen geschlagen. Der kleine deutsche Ableger, der 2014 aus der Nordfinanz Bank in Bremen hervorgegangen war und im März 2021 von der Finanzaufsicht Bafin geschlossen wurde, hat in den Einlagensicherungsfonds ein drei Milliarden Euro großes Loch gerissen. Davon entfielen rund 1 Milliarde auf die gesetzliche Einlagensicherung und 2 Milliarden Euro auf die freiwillige Einlagensicherung des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), die über die gesetzliche Garantie hinausgeht. Immerhin haben die Sicherheiten ausgereicht, um den Sparern ihre Einlagen auszuzahlen.
Die privaten Banken, darunter die Deutsche Bank, die an der Plattform Zinspilot beteiligt ist, müssen die Sicherungstöpfe nun wieder auffüllen. Und zwar beide Töpfe, denn auch die gesetzliche Garantie wird aus den Beiträgen der Banken bezahlt. Die Greensill-Pleite trifft also letztlich alle Kunden der privaten Geldinstitute. Wenn man die Zahl der Girokonten zugrunde legt, sind das rund 35 Millionen.
Die Verlockung der Zinsen
Greensill hatte mit hohen Zinsen auf Spareinlagen gelockt und seine Bilanzsumme aufgeblasen. Betroffen von der Pleite sind auch viele Kommunen, die bei Greensill Geld angelegt hatten. Laut Medienberichten geht es bei 26 Städten und Gemeinden um einen Verlust in Höhe von 500 Millionen Euro. Offensichtlich sind auch Finanzdienstleister betroffen, die ihr Geld - statt bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zu parken - bei Greensill anlegten. Die EZB verlangt einen Zins von 0,5 Prozent, wenn Banken ihre Gelder dort hinterlegen. Finanzdienstleister und Kommunen gehen nun allerdings leer aus.
Im Bankenverband wird angesichts des 3-Milliarden-Lochs über eine Lockerung der Einlagensicherung diskutiert. Konkret geht es um weitere Ausnahmen für institutionelle Anleger. Eine wichtige Rolle in der Vermittlung der Kundengelder an Greensill spielten sogenannte Zinsplattformen wie Weltsparen und - siehe oben - Zinspilot. Die Bundesregierung prüft nach Medienberichten eine strengere Regulierung. Das dürfte freilich nur der übliche Reflex der Politik auf einen Skandal sein.
Was lohnt sich für 0,4 Prozent Zins?
Anleger mögen sich über etwas mehr Zinsen freuen, die ihnen Institute aus dem europäischen Ausland oder mit einem wenig auf »Einlagengenerierung« ausgerichteten Geschäftsmodell zahlen. Meist werden solche Deals über Zinsplattformen im Internet abgewickelt. Die vermittelten realen Banken sind dann aber auch riskanter, weil sie höhere Zinsen bieten müssen, um sich über Kundeneinlagen finanzieren zu können. Deshalb werben die Zinsplattformen mit der gesetzlichen Einlagengarantie von bis zu 100 000 Euro je Kunde und Bank, die innerhalb der Europäischen Union gilt.
»Jetzt in nur drei Schritten gebührenfreies Online-Konto eröffnen« - und los geht's, wirbt eine Zinsplattform. Manchmal wird auch noch mit einer Willkommensprämie gelockt. Tatsächlich ist die Eröffnung einen Kontos über das Internet recht einfach. Mit einem solchen Konto können Kunden in Deutschland dann Festgeld- oder Tagesgeldkonten bei Banken im europäischen Ausland eröffnen.
Zinsplattformen bieten außerdem weitere Finanzprodukte an, zum Beispiel Wertpapier-Portfolios. Die Mehrzahl der Angebote stammt aus Ländern mit deutlich schlechterem »Rating« als Deutschland. Diese halten Verbraucherexperten grundsätzlich für nicht empfehlenswert.
Anderseits ist das Geld der Sparer bis zu 100 000 Euro durch die gesetzliche Garantie abgesichert. Das mag man unmoralisch finden. Andernfalls sollten Sparer überlegen, ob sie dem Stress gewachsen sind, die eine Bankpleite auslöst. Die wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Corona-Pandemie könnten in den kommenden Jahren tatsächlich Pleitewellen auslösen, befürchten Institutionen wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die Zentralbank der Zentralbanken. Auch die EZB sieht in ihrem kürzlich erschienenen »Finanzstabilitätsbericht« erhöhte Risiken durch Corona. Bis man in einem Pleitefall sein Geld zurückerhält, kann es Monate, meist aber länger dauern.
Was bieten Zinsplattformen an?
Doch was bieten Zinsplattformen eigentlich genau? In einer Übersicht (Stand 21. Mai 2021) schneidet beispielsweise die Bigbank AS mit Abstand am besten ab. Für Tagesgeld verspricht sie einen Zinssatz von 0,4 Prozent im Jahr. Beim Festgeld über zwölf Monate sind bis zu 0,7 Prozent drin. Bigbank AS ist ein auf Termineinlagen und Verbraucherkredite spezialisiertes Kreditinstitut in Tartu in Estland. Die Bank hat aber auch eine deutschsprachige Internetseite.
Zinsplattformen haben durchaus Banken im Programm, die die Stabilitätskriterien von Finanztip erfüllen. Finanztip ist Teil der gemeinnützigen Finanztip Stiftung. Alle für Finanztip sicheren Banken, die gute Zinsen zahlen, finden Interessenten aktuell auf deren Internetseite finanztip.de. Sie sollten diese Vergleichsmöglichkeit nutzen. Ähnlich seriöse Tipps bieten die Stiftung Warentest und die bundesweiten Verbraucherzentralen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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