- Politik
- Nach dem Messerangriff in Würzburg
Gedenken und Entsetzen nach Würzburger Gewalttat mit drei Toten
24-Jähriger Somalier war schon vor der Tat polizeibekannt, Ermittler prüfen islamistische Einetellungen
Würzburg. Nach der tödlichen Messerattacke von Würzburg wird es am Sonntagnachmittag im Kiliansdom der Stadt eine Gedenkfeier für die Opfer geben. Daran wollen neben dem katholischen Würzburger Bischof Franz Jung auch Vertreter weiterer Religionen und der Öffentlichkeit teilnehmen, wie Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) mitteilte. Erwartet werden bei der Feier der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, die evangelische Regionalbischöfin Gisela Bornowski und Vertreter der muslimischen Gemeinden.
Der Kiliansdom liegt nicht weit vom Ort des Geschehens am Barbarossaplatz mitten in der Würzburger Innenstadt. Bei dem Angriff am Freitagnachmittag hatte ein Somalier drei Frauen in einem Kaufhaus getötet - Jahrgang 1939, 1972 und 1996. Auf der Straße und in einer nahen Bank verletzte er danach laut Polizei sechs Menschen schwer und einen leicht. Zwischenzeitlich machten die Ermittler verschiedene Angaben zur Anzahl der Verletzten und deren Identität.
Warum der 24-Jährige die Menschen angriff, die er offensichtlich gar nicht kannte, ist bisher noch nicht geklärt. Womöglich ist der Migrant psychisch krank. Die Ermittler prüfen aber auch, inwiefern islamistische Einstellungen zur Tat beigetragen haben könnten.
So werten die Beamten derzeit beispielsweise ein Handy aus, das in der Würzburger Obdachlosenunterkunft des Angreifers entdeckt worden war. »Die Auswertungen dauern einfach, erfahrungsgemäß mehrere Tage«, sagte ein Ermittler der Deutschen Presse-Agentur. »Das muss jetzt alles übersetzt und bewertet werden.«
Der Somalier sitzt in Untersuchungshaft. Er war nach dem Verbrechen von der Polizei angeschossen und festgenommen worden.
»Die Verbrechen Einzelner sind aber niemals auf Bevölkerungsgruppen, Religionen, Staatsangehörigkeiten zurückzuführen«, warnte Oberbürgermeister Schuchardt in einem offenen Brief an die Würzburger. »Auch wir Deutsche wurden nach dem Zweiten Weltkrieg nicht pauschal verurteilt. Genauso wenig gilt dies jetzt für Somalier oder generell Geflüchtete. Dieses Schubladendenken muss ein Ende haben.«
Das bayerische Landeskriminalamt übernahm in Zusammenarbeit mit der Generalstaatsanwaltschaft München die Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat. Die Übergabe an die übergeordneten Behörden erfolge, weil es sich um eine »Amoklage« gehandelt habe, erklärte Würzburgs Leitender Oberstaatsanwalt Frank Gosselke.
Der 24-Jährige war schon vor der Tat polizeibekannt. Er soll im Januar bei einem Streit in einer Obdachlosenunterkunft zu einem Messer gegriffen und damit bedroht haben, wie Behördenleiter Wolfgang Gründler von der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg sagte. Worum es bei der Auseinandersetzung mit Mitbewohnern und Verwaltern ging, sagte er nicht. Verletzt worden sei niemand.
Die Polizei leitete aber ein Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung und Beleidigung ein, der Somalier kam zunächst vorübergehend in eine Psychiatrie. Das Verfahren laufe weiter, ein psychiatrisches Gutachten steht demnach noch aus. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.