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Von der Aufklärung weit entfernt
Nach 40 Monaten beendet der Breitscheidplatz-Untersuchungsausschuss seine Arbeit. Fragen bleiben
Nach 132 Sitzungen und 147 vernommenen Zeug*innen schloss der Breitscheidplatz-Untersuchungsausschuss des Bundestages in der vergangenen Woche seine vierzigmonatige Arbeit ab. Die 1873 Seiten des Abschlussberichtes können allerdings wesentliche Fragen nicht klären.
»Die schmerzlichste dieser Fragen lautet: Warum ist es damals nicht gelungen, den Anschlag zu verhindern, obwohl der Täter den Sicherheitsbehörden als gefährlich bekannt war«, so Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Eröffnung der Debatte zum Abschlussbericht. Der Ausschussvorsitzende Klaus-Dieter Gröhler rahmt mit bewegenden Worten in Richtung der auf der Tribüne des Plenarsaals sitzenden Angehörigen, Opfern und Hinterbliebenen. Nicht nur die Namen der zwölf Opfer, die auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 starben, bewegen. Gröhler, in dessen Wahlkreis der Anschlagsort liegt, schildert sichtlich bewegt, dass auch er an diesem Abend vor Ort gewesen wäre, hätte er sich nicht noch spontan umentschieden. Die Suche nach einem alleinigen Verantwortlichen führte in den 462 Stunden, in denen Zeug*innen vernommen wurden, zu keiner konkreten Person, deckte aber zahlreiche Fehler auf. »Keiner dieser Fehler und Mängel war für sich allein kausal für den Anschlag, aber alle zusammen waren fatal«, so Gröhler.
»Sicher widerlegen konnten wir aber die These, die der damalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, nach dem Anschlag vertreten hat, Amri sei ein reiner Polizeifall gewesen«, so SPD-Obmann Fritz Felgentreu.
Unionsfraktion und SPD fielen im Ausschuss nicht immer durch unerbittliches Arbeiten auf. Schwere Vorwürfe machte Martina Renner (Linke) in Richtung einiger Kolleg*innen im Parlament. Der Ausschuss habe gezeigt, dass einige Parlamentarier*innen die Geheimdienste mitunter aktiv unterstützen würden. Die Dienste widersetzten sich permanent der parlamentarischen Kontrolle. »Ich frage mich dann: Auf welcher Seite steht ihr als Abgeordnete?«, so Renner.
Die Geheimdienste hätten mehr Informationen über den Attentäter, als sie bis heute bereit sind zuzugeben, ist Renner überzeugt. Nicht zuletzt eine verspätete Aktenlieferung aus dem Verfassungsschutz, die bereits vor drei Jahren hätte vorliegen müssen, um intensiv analysiert zu werden, stützt Renners Sicht. Die Sicherheitsbehörden müssten vor allem ihre Perspektive auf Strukturen ändern und von den immer wieder geäußerten Einzeltätervermutungen wegkommen. »Die Fiktion des alleine in einem Vakuum agierenden Terroristen gefährdete im Vorfeld des Anschlages dessen Verhinderung und im Nachgang die vollständige und erfolgreiche Aufklärung«, sagt Renner und mahnt: »Würdiges Gedenken meint auch, Aufklärung nie abzuschließen!« Schwere Vorwürfe kommen auch aus der FDP-Fraktion durch den Obmann Benjamin Strasser. »Dass was Sie wissen, sollte auch der Untersuchungsausschuss wissen, das waren ihre Worte«, adressiert Strasser an den Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Erlebt habe der Untersuchungsausschuss »seitens der Bundesregierung dann aber eine Aufklärung mit angezogener Handbremse«, so Strasser weiter. Auch die Grünen kritisieren Seehofer: »Geheimhaltung und Quellenschutz - alles gut und richtig. Aber nach solch gravierenden Terrortaten, Herr Seehofer, praktisch keine Akten aus dem Bereich, so viele Schwärzungen, keine Zeugeneinvernahmen der Quelle, noch nicht mal der V-Mann-Führung, Herr Minister? Das ist eine massive Behinderung unserer Arbeit«, so Konstantin von Notz, der die Arbeit der Geheimdienste auch im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Grünen verfolgt.
In der Arbeit des Untersuchungsausschusses hatten sich in den letzten Jahren, teils schon als etabliert anzusehende, Verhaltensweisen der Regierungsparteien gezeigt, deren Rolle oft auch dadurch geprägt war, die Bundesregierung nicht in Bedrängnis zu bringen und das Verhalten der Sicherheitsbehörden nicht zu sehr zu kritisieren. Nach Ansicht von Grünen, FDP und Linke muss vor allem das Spitzelwesen einer stärkeren Kontrolle unterzogen werden. Im Fall des Attentäters Anis Amri waren eine große Anzahl von V-Leuten aus unterschiedlichsten Sicherheitsbehörden eingesetzt. Verhindert wurde der Anschlag dadurch aber nicht.
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