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Schwarzer Filz
Kohleförderer Leag will die Spree anzapfen - zudem Unklarheit bei Finanzierung der Renaturierung
In der Spree herrscht dieser Tage kein Wassermangel. Am Pegel Sandower Brücke in Cottbus fließen pro Sekunde gut acht Kubikmeter durch, kein Grund zur Besorgnis. Auch am Pegel Leibsch, 70 Kilometer südlich, wird ein mittlerer Wasserstand vermeldet. Im Juni 2020 war das anders, sagt René Schuster von der Grünen Liga. Fehlende Niederschläge hatten den Fluss austrocknen lassen; in Leibsch betrug der Durchfluss lediglich zwei Kubikmeter pro Sekunde. Die Zahl erwähnt Schuster, um zu zeigen, für wie grotesk er Pläne des Kohleförderers Leag hält. Dieser will künftig offenbar die Spree anzapfen und bis zu einen Kubikmeter pro Sekunde entnehmen, um Kühlwasser für das Kraftwerk Jänschwalde zu gewinnen. Das ergab eine Akteneinsicht der Grünen Liga beim Brandenburger Landesamt für Umwelt. Die Entnahme könne »dramatische Folgen« haben, sagt Schuster: »Die Wahrscheinlichkeit, dass in Berlin und Teilen Brandenburgs nicht mehr genug Wasser ankommt, wird höher.«
Die brisante Information gewann der Umweltverband, als er für eine Stellungnahme zur Wasserbewirtschaftungsplanung im Einzugsgebiet der Elbe recherchierte. Diese formuliert Maßnahmen für eine Verbesserung des Gewässerzustands, legt Fristen fest und regelt Ausnahmen. Die Planung wird von den Anrainerländern der Elbe für jeweils sechs Jahre erstellt; der nächste Planungszeitraum beginnt 2022. Zum Einzugsgebiet gehören auch Spree und Schwarze Elster. Beide fließen durch das Lausitzer Braunkohlerevier.
Nach Angaben der Grünen Liga geht das Dokument von völlig veralteten Annahmen aus. »Der beschlossene Ausstieg aus der Braunkohle ist dort noch nicht berücksichtigt«, sagt Schuster. Er verweist auf Dokumente, mit denen das öffentliche Interesse an der Kohleförderung begründet wird, die aber zwölf Jahre alt sind. Darin werde argumentiert, dass Kohlevorräte noch 200 Jahre reichten, dass nicht erneuerbare Energieträger vorerst unverzichtbar seien, deren Verstromung aber durch Anlagen zur Abscheidung von CO2 klimafreundlicher werde. Derlei Pläne wurden in der Lausitz 2011 beerdigt. Der Umgang mit Wasser ist in den Kohlerevieren ein heikles Thema.
Für die Förderung der Braunkohle wurde großflächig das Grundwasser abgesenkt. Es wurde teils in die Spree geleitet, was dort vorübergehend zu einem höheren Angebot führte. Werden die Pumpen mit Auslaufen der Kohleförderung abgestellt, fehlt dieser Zufluss. Zugleich sollen Restlöcher zu Seen werden, was voraussetzt, dass enorme Wassermengen eingeleitet werden. Flüsse wie Spree und Schwarze Elster dürften wegen zunehmender Trockenheit aber in Zukunft immer weniger Wasser führen - eine Folge des von der Kohleverstromung beförderten Klimawandels. Flutungswasser für die Tagebauseen kann aus der Spree immerhin nur abgeleitet werden, wenn sie voll ist: In der Prioritätenliste steht dieser Entnahmezweck ganz unten.
Die Versorgung von Kraftwerken mit Kühlwasser hätte dagegen höchste Priorität: »Das würde auch bei Niedrigwasser entnommen«, sagt Schuster, der das Vorhaben »einigermaßen absurd« nennt. Noch ist es aber wohl nicht genehmigt. Wie aus der Antwort der Behörde auf den Antrag der Grünen Liga zur Akteneinsicht hervorgeht, muss die Leag ihre Pläne aktuell noch einmal überarbeiten. Noch gibt es das Unternehmen, dem Behörden damit auch Auflagen erteilen können.
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Wie lange das so bleibt und welche Folgen das für die Bewältigung der Altlasten des Kohlebergbaus hat, wird in der Region derzeit diskutiert. Auslöser sind Recherchen von »Correctiv« und »Spiegel«, denen zufolge die Rekultivierung der Bergbaulandschaften womöglich komplett von den Steuerzahlern finanziert werden muss. Für die Begrünung von Kippen, die Stabilisierung von Böschungen oder den Umgang mit verunreinigtem Wasser müssen Schätzungen zufolge zwischen drei und zehn Milliarden Euro aufgewendet werden. Eigentlich wäre das Aufgabe der Kohleförderer Mibrag im Mitteldeutschen Revier und Leag in der Lausitz, die der EPH-Holding des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský gehören. Den Recherchen zufolge hätten sie bisher aber keine entsprechenden Sicherheiten geleistet; und die Politik habe es unterlassen, solche einzufordern. Im Fall einer Insolvenz, die demnach ein nicht unwahrscheinliches Szenario ist, müsste die öffentliche Hand für die Kosten der Sanierung komplett allein aufkommen.
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Landespolitiker sind empört. Es sei »skandalös«, dass versäumt wurde, belastbare Sicherheiten von Křetínský zu fordern, als dieser 2016 die Gruben und Kraftwerke in der Lausitz von Vattenfall übernahm und sich dabei gegen ein Angebot von Greenpeace durchsetzte, sagt der sächsische Grüne Bernhard Herrmann. Er verweist auf die Rolle des CDU-Politikers Stanislaw Tillich. In dessen Amtszeit als sächsischer Ministerpräsident fällt der Verkauf an EPH. Später handelte er in der Kohlekommission den späten Ausstiegszeitpunkt 2038 mit aus. Kurz danach wurde Tillich Aufsichtsratschef der zu EPH gehörenden Mibrag. All das, sagt Herrmann, »riecht förmlich nach schwarzem Filz«.
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