Donald Tusk kehrt nach Polen zurück
Der ehemalige EU-Ratspräsident will gegen die nationalkonservative PiS antreten
Donald Tusk kehrt in die polnische Politik zurück. »Heute regiert das Böse in Polen«, begründete der frühere EU-Ratspräsident am Samstag auf einem Parteitag der oppositionellen Bürgerplattform (PO) seinen Schritt, der in Polen hohe Wellen schlug. »Und wenn du das Böse siehst, kämpfe dagegen und frage nicht nach weiteren Gründen!«
Tusk, derzeit Vorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) und zuvor unter anderem als polnischer Regierungschef tätig, verlässt nach sieben Jahren Brüssel und übernimmt ab sofort die Leitung der von ihm 2001 mitbegründeten liberalkonservativen Bürgerplattform. Die Rückkehr des 64-Jährigen, der die PO bereits zwischen den Jahren 2003 und 2014 leitete, soll Polens derzeit größte Oppositionspartei im Parlament aus der tiefsten Krise ihrer Geschichte führen.
Seit Jahren laufen der Bürgerplattform die Wähler davon. Grund dafür sind mehrere Skandale sowie personelle Querelen. In Umfragen steht die PO, die sich aus Sicht vieler Polen vor allem für die Gewinner der postkommunistischen Transformation einsetzt, derzeit nur noch bei 16 Prozent. Auch der bisherige Parteivorsitzende Borys Budka, der seinen Posten erst vor anderthalb Jahren mit großen Hoffnungen antrat, konnte diesen Abwärtstrend nicht stoppen. Er musste am Wochenende seinen Hut nehmen. Zuvor hatten sich Hoffnungen zerschlagen, welche die Partei mit dem Antritt von Warschaus populärem Bürgermeister Rafal Trzaskowski bei der Präsidentschaftswahl 2020 verknüpft hatte. Zwar führte Trzaskowski einen schwungreichen Wahlkampf, unterlag Amtsinhaber Andrzej Duda dennoch knapp.
Donald Tusk gilt in Polen als politisches Schwergewicht - und Intimfeind von Jaroslaw Kaczynski, dem einflussreichen Chef der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Mit dieser müsse man sich nun deutlich härter auseinandersetzen, rief Tusk Anhänger in seiner angriffslustigen Antrittsrede auf. Man dürfe sich nicht zu sehr an die Herrschaft der PiS gewöhnen und sollte dieser kompromisslos entgegentreten. Schließlich habe sich Kaczynskis Partei schwere Fehler beim Management der Coronakrise geleistet und für einen außenpolitischen Scherbenhaufen gesorgt: Es gebe Streit mit der EU, mit Deutschland und selbst mit dem Nachbarland Tschechien, sagte Tusk. Zudem habe die euroskeptische PiS durch ihre »idiotische politische Investition« in den früheren Präsidenten Donald Trump die Beziehungen zur heutigen US-Regierung schwer belastet.
Bei der so gescholtenen PiS hat man die Kritik aufmerksam registriert. Auf dem zeitgleich stattfindenden Parteitag warnte Kaczynski seine Partei vor einer »Verschärfung des politischen Kampfes«. Meinungsumfragen zeigen zudem, dass 60 Prozent der Polen Tusks Wiedereinstieg in die Politik negativ sehen. Für sie steht der Politiker für soziale Kürzungen und die Heraufsetzung des Rentenalters. mit Agenturen Seite 8
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