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Ausstieg aus Atomwaffenclub wäre machbar
Heiko Maas will mit Stockholm-Initiative »eine neue Dynamik in der nuklearen Abrüstung« erreichen
Was verbindet Äthiopien, Argentinien, Deutschland, Finnland, Indonesien, Japan, Jordanien, Kanada, Kasachstan, die Republik Korea, Neuseeland, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz und Spanien? Die Staaten sind Mitglied der Stockholm-Initiative. Sie bemühen sich um eine Wiederbelebung der Abrüstungsdiplomatie, eine Stärkung des vor fünf Jahrzehnten geschlossenen Nichtverbreitungsvertrags. Sie wollen generell messbare Fortschritte bei der Reduzierung von nuklearen Massenvernichtungsmitteln erreichen. Allen 16 Staaten gemeinsam ist aber auch: Sie sind selbst nicht im Besitz solcher Schreckenswerkzeuge.
Bevor der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) am Montag zur Abrüstungskonferenz der Stockholm-Initiative nach Madrid flog, erklärte er. »Wo Spannungen und Misstrauen überwiegen, da droht auch ein neues Wettrüsten.« Man müsse also mehr denn je Schritte gehen, die Vertrauen schaffen durch nachprüfbare Absprachen zwischen Nuklearwaffenstaaten. Er werbe für »eine neue Dynamik in der nuklearen Abrüstung«.
Die wenigen bestehenden Abkommen zur nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung von Atomwaffen erodierten in den vergangenen Jahrzehnten, zum Beispiel der INF-Vertrag zur Reduzierung der nuklearen Mittelstreckenwaffen. Er war ein grundlegendes Instrument der Rüstungskontrolle und wurde 2019 zuerst von Washington, dann auch von Moskau außer Kraft gesetzt. Neue Spannungen und Misstrauen zwischen den globalen Mächten haben einen weiteren Abbau der Kernwaffenarsenale vereitelt. Laut Jahresbericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri vom Juni wurden immer mehr Atomsprengköpfe aus den Arsenalen herausgeholt und auf immer zielgenaueren Raketen montiert. Auch technologisch und bei der Ausbildung der Nukleartruppen ist viel geschehen, das die Risiken einer globalen Vernichtung nicht geringer werden lässt. Neben dem Rüstungswettlauf ist die weitere regionale Verbreitung atomarer Waffen ein Problem, Nordkorea und Iran stehen hier als Beispiele.
Maas hat recht, wenn er auf hoffnungsvolle Entwicklungen verweist. Die USA und Russland einigten sich zu Jahresbeginn auf eine Verlängerung des New-Start-Vertrags, der die strategischen Trägersysteme und Sprengköpfe beider Länder beschränkt. US-Präsident Joe Biden und Russlands Präsident Wladimir Putin bekräftigten bei ihrem Genfer Treffen Mitte Juni die Absicht, weitere Gespräche über Rüstungskontrolle zu führen.
Dabei könnten auch die 22 »Bausteine für nukleare Abrüstung« der Stockholm-Initiative hilfreich sein. Maas betont, es müsse der Grundstein gelegt werden für eine neue Generation von Rüstungskontrollvereinbarungen, damit die Kernwaffenbestände weiter reduziert werden. Ein Anfang wäre das Inkrafttreten des Nuklear-Teststopp-Vertrages, bei dem noch zahlreiche Ratifizierungen ausstehen. Vertrauen könnte auch zurückgewonnen werden durch Verhandlungen über einen Vertrag, der die Herstellung von spaltbarem Material für militärische Zwecke verbietet. Hilfreich wären zudem vertraglich gestützte Möglichkeiten, um nukleare Abrüstungsschritte zu verifizieren.
Miteinander reden, jetzt! Alexander Isele über die Anzahl einsatzbereiter Atomwaffen.
Gewiss hätte keiner der in Madrid Versammelten etwas dagegen, wenn ihr Kollege Maas sie über deutsche Vorleistungen informiert hätte, mit denen notwendige Rüstungskontrollprozesse befördert werden können. Nur zwei der 16 Mitgliedsstaaten der Stockholm-Initiative haben die Möglichkeit, direkt zur nuklearen Entspannung beizutragen: Deutschland und die Niederlande. Sie sind im Rahmen der Nuklearen Teilhabe der Nato mögliche Transporteure von US-Atombomben, von denen einige offenbar auch in Deutschland gelagert werden. Beide Staaten sind zudem an der Auswahl möglicher Atomwaffenziele beteiligt.
Es wäre zwar nicht leicht, aber möglich, sich aus dem Atomwaffenclub der Nato zu verabschieden. Doch Derartiges hat bisher noch keine deutsche Regierung angestrebt.
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