- Politik
- Ex-FPÖ-Vorsitzender
Korruptionsprozess gegen Strache beginnt
Hat der frühere Vizekanzler einem befreundeten Betreiber einer Privatklinik geholfen?
Wien. Zwei Jahre nach dem Erscheinen des Ibiza-Videos muss sich Österreichs ehemaliger Vizekanzler Heinz-Christian Strache in einem Korruptionsprozess verantworten. Vor dem Landgericht für Strafsachen in Wien geht es ab Dienstag um die Frage, ob der 52-Jährige einem befreundeten Betreiber einer Privatklinik zu einer vorteilhaften Gesetzesänderung verholfen hat. Das sollen während der Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP abgesetzte Chats (»Welches Gesetz brauchst du?«) belegen. Außerdem sollen bereits zuvor 10 000 Euro seitens des Klinikbetreibers an Parteispenden an die rechte FPÖ geflossen sein, deren Vorsitzender Strache damals war.
Der Betreiber der Privatklinik steht wegen des Verdachts der Bestechung vor Gericht. Beide Angeklagte bestreiten die Vorwürfe. Für den Prozess sind vier Verhandlungstage anberaumt.
Auf dem 2017 aufgenommenen Ibiza-Video hatte Strache anfällig für Korruption gewirkt. Das Bekanntwerden des Videos im Mai 2019 war der Anfang des tiefen Sturzes des Rechtspopulisten. Er trat von allen Ämtern zurück. Auch die seit Dezember 2017 regierende Koalition mit der konservativen ÖVP wurde durch das Video und seine Folgen gesprengt. Strache kündigte einige Zeit später seinen völligen Rückzug aus der Politik an. Doch dann versuchte er doch noch zumindest auf Landesebene als Spitzenkandidat einer Splitterpartei ein bisher erfolgloses Comeback.
Die Klinik hatte schon seit einigen Jahren um die Aufnahme in den sogenannten Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) gekämpft. Der Fonds vergütet medizinisch notwendige Leistungen auch für gesetzlich Versicherte anteilsmäßig. Der Fonds wurde dann von der ÖVP-FPÖ-Regierung tatsächlich um 14,7 Millionen Euro auf insgesamt rund 145 Millionen Euro aufgestockt. Nach Einschätzung des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger konnte die auf Schönheitsoperationen spezialisierte Privatklinik mit etwa 20 Betten mit rund einer Million Euro aus dem Fonds rechnen.
Modell Österreich
Wie sich der Rechtsradikalismus im Alpenland normalisierte.
Im Ibiza-Untersuchungsausschuss hatte der Eigentümer der Privatklinik im Oktober 2020 seine Sicht der Dinge geschildert. So sei ihm der Zugang zum Gesundheitssystem verweigert worden. Er habe sich daraufhin an einen Lobbyisten aus dem Umfeld der ÖVP gewandt und habe ihm mehrere zehntausend Euro bezahlt, aber ohne Erfolg. Mit Strache habe er 2016 vier Tage gemeinsam Urlaub in seinem Haus auf Korfu gemacht. Den Flug habe der Politiker selbst bezahlt. Strache kenne er bereits seit vielen Jahren. Er sei der einzige gewesen, der ihn ernst genommen habe. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.