Afghanistan im Alarmzustand

Die Taliban sehen sich nach Gebietseroberungen wieder an der Macht

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die Stadt Masar-e Scharif im Norden Afghanistans, aus der die Bundeswehr letzte Woche endgültig abzog, ist wieder heftig umkämpft. »Auf dem Landweg kommt man nicht mehr heraus, überall auf den Straßen rund um die Stadt wird schwer gekämpft. Alle rechnen damit, dass die Taliban heute Abend, spätestens morgen die Stadt einnehmen«, zitierte das ZDF am Dienstag den afghanischen Reporter Nesar Fayzi.

Bezeichnend für die verzweifelte Lage sind auch Meldungen aus dem Nordosten Afghanistans. Aus der Provinz Badachschan, in der der einstige Bundeswehrstandort Feyzabad liegt, flohen in den letzten Tagen rund 1000 afghanische Soldaten vor den Taliban über die Grenze nach Tadschikistan. Als Zeichen guter nachbarschaftlicher Beziehungen hatten die tadschikischen Grenztruppen die Flüchtenden ins Land gelassen. Die Spannungen entlang der rund 900 Kilometer langen Grenze veranlassten Präsident Emomali Rachmon dazu, 20 000 tadschikische Reservisten einzuberufen, um die Region zu sichern. Russland, das in Tadschikistan Streitkräfte stationiert hat, stellte weitere Hilfe in Aussicht. »Sollten zusätzliche Anstrengungen nötig sein, werden sie ergriffen«, sagte Vize-Außenminister Andrej Rudenko der Agentur Interfax zufolge.

»Afghanistan ist das Vietnam der Nato, der Abzug bedeutet eine komplette Niederlage«, erklärte die Linke-Obfrau im auswärtigen Ausschuss des Bundestags, Sevim Dagdelen, gegenüber »nd«. Bundeswehr und Nato hätten einen Trümmerhaufen hinterlassen, sagte die Linke-Politikerin weiter und kritisierte die Gesamtstrategie im Umgang mit Afghanistan. »Mit der Kapitulation am Hindukusch sind auch die westliche Regime-Change-Strategie und die Chimäre des State Buildings gescheitert.«

Während die afghanische Armee eine Gegenoffensive ankündigte und sich darauf konzentrieren will, größere Städte, wichtige Straßen und Grenzposten zu sichern, laufen in der iranischen Hauptstadt Teheran Gespräche zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung. Die iranische Regierung ist angesichts der jüngsten Entwicklungen beunruhigt. In den vergangenen Jahren hat der Iran Millionen Flüchtlinge aus Afghanistan aufgenommen.

Unterdessen kritisierte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt, dass die Abschiebeflüge nach Afghanistan andauern. »Ein neuer Lagebericht des Auswärtigen Amts ist mehr als überfällig«, sagte er in Richtung des tatenlosen Außenministers Heiko Maas (SPD). Agenturen/dal Seite 5

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.