Zunehmende Angriffe vor allem von Eltern

Pöbeleien und Bedrohunhgen von Eltern gegen Lehrer und Lehrerinnen

  • Jörg Ratzsch
  • Lesedauer: 3 Min.

Trotz gegenwärtiger Schulferien ist das nach wie vor ein ernstzunehmendes Thema. Drohungen mit dem Anwalt, beleidigende E-Mails oder Beschimpfungen vor der Schule sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Viele Lehrerinnen und Lehrer bekommen einer Umfrage zufolge den geballten Frust von Eltern über Corona-Maßnahmen und die Lage an den Schulen zu spüren.

Die Bildungsgewerkschaft VBE veröffentlichte unlängst die Ergebnisse einer Forsa-Befragung, an der von Ende April bis Anfang Mai 2021 rund 1500 Lehrerinnen und Lehrer allgemeinbildender Schulen in Deutschland teilgenommen haben. Rund 22 Prozent gaben dabei an, dass ihnen an der eigenen Schule Beschimpfungen, Bedrohungen oder Beleidigungen von Lehrkräften im »Zusammenhang mit der Durchsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen« bekannt sind. 25 Prozent berichteten von Beschimpfungen und Bedrohungen per E-Mails oder Chats.

Rund sieben Prozent der befragten Lehrkräfte gaben an, persönlich von solchen Vorfällen betroffen gewesen zu sein. Das wären hochgerechnet fast 50 000 direkt Betroffene bei rund 700 000 Lehrern an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland.

Zum allergrößten Teil - mit 84 beziehungsweise 87 Prozent - gingen die Angriffe von Eltern aus. Zu einem Teil kämen sie aber auch von Erwachsenen, die gar keine Kinder an der Schule hätten. Dabei wenden sie sich insbesondere gegen das Maske-Tragen im Unterricht. Am häufigsten davon betroffen sind Grundschulen, am wenigsten Gymnasien, so die Umfrage.

Als Beispiele nannte der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann Drohungen beim Elternabend, eskalierende Gespräche, Briefe und Drohungen mit Strafanzeigen und Berufsverboten. Er äußerte Verständnis für die schwierige Situation vieler Eltern, etwa mit dem sogenannten Homeschooling und gleichzeitigen Homeoffice, »aber das hat nichts damit zu tun, dass ich auch nur in irgendeiner Weise akzeptiere, dass Lehrkräfte beim Betreten des Schulgeländes beschimpft, bespuckt oder traktiert werden. Das ist auf keinen Fall zu akzeptieren.« Lehrer und Schulleitungen würden dafür angegriffen, dass sie ihrer Arbeit nachkommen und die verordneten Infektionsschutzmaßnahmen umsetzen. Hier seien die Kultusministerien in der Verantwortung, die Beschäftigten an den Schulen zu schützen.

Stefan Wesselmann, Leiter einer Grundschule im hessischen Rödermark und Landeschef des VBE Hessen, berichtete auch von Plakataktionen und Demonstrationen im Umfeld von Schulen aus der »Querdenker«-Szene. Zudem würden auch mehrseitige Anwaltsschreiben oder standardisierte Schreiben, die sich Eltern im Netz heruntergeladen haben, an Lehrer und Lehrerinnen verschickt. Darin werde mit rechtlichen Konsequenzen gedroht. Beckmann nannte das erschreckende Beispiel eines Vaters, der einem Schulleiter am Telefon vorgeworfen hatte, seine Schule mit »Nazi-Methoden« zu leiten, weil er die Infektionsschutzmaßnahmen umsetze.

Nach VBE-Angaben kommen die Angriffe vor allem aus Richtung derjenigen, die die Corona-Maßnahmen für überzogen halten. »Da ist die Aggressivität eine ganz andere« als bei denen, die sich darüber beschweren, dass die Maßnahmen an den Schulen nicht weit genug gehen, so Beckmann. Mit sinkenden Corona-Zahlen und steigenden Impfquoten wächst aber die Hoffnung, dass auch an den Schulen bald wieder so etwas wie Normalität einkehren kann. Die meisten Schulen waren ab Mitte Dezember 2020 fast zwei Monate geschlossen.

Im Februar kamen die ersten Grundschüler zurück, später folgten ältere Jahrgänge. Größtenteils wird bis heute im sogenannten Wechselbetrieb mit geteilten Klassen unterrichtet. Volle Klassenstärken sind wieder erlaubt, wenn der Inzidenzwert in der jeweiligen Stadt oder dem Kreis unter 100 sinkt. dpa/nd

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