Entschädigung bei Verzögerung
bgh zum sorgerecht
Kommt es zu ungerechtfertigten Verzögerungen, ist eine Entschädigung über dem üblichen Pauschalsatz gerechtfertigt, wie der Bundesgerichtshof (Az. III ZR 72/20) in einem am 23. Juni 2021 veröffentlichten Urteil entschied. Verzögerungen könnten erheblichen und dauerhaften Einfluss auf die Beziehung zwischen Eltern und Kindern haben.
Im konkreten Fall hatten sich die Klägerin und ihr früherer Lebensgefährte im November 2011 getrennt. Ihre zwei Kleinkinder kamen vorübergehend in eine Pflegefamilie und leben seit Mai 2013 beim Vater, der auch das alleinige Sorgerecht hat.
Im Februar 2014 stellte die Mutter erstmals einen Antrag auf eine gerichtliche Regelung des Umgangsrechts. Dies wurde zunächst abgelehnt. 2017 bekam die Mutter »begleiteten« Umgang in Gegenwart eines Mitarbeiters des Jugendamts für acht Stunden im Monat und Kind. In einem dritten Verfahren sprach ihr das OLG ab Januar 2019 einen weiteren Umgang mit ihren Kindern zu.
Die Mutter beklagte die Dauer des Verfahrens, das in einem halben Jahr hätte erledigt sein können, aber insgesamt fast viereinhalb Jahre dauerte.
Bei überlangen Gerichtsverfahren können Betroffene eine Entschädigung bekommen. Der übliche Pauschalsatz beträgt 100 Euro für jeden Monat unnötiger Verzögerungen. In diesem Fall stellte das OLG Koblenz Verzögerungen von in allen drei Verfahren insgesamt 37 Monaten fest und sprach der Mutter deshalb 3700 Euro zu. Der BGH entschied, dass eine Entschädigung über der Pauschale angemessen sei. Die Höhe soll das OLG festsetzen.
Der BGH verwies darauf, dass die Verzögerungen zu einer »schwerwiegenden Beeinträchtigung der Klägerin in ihrem Recht auf Umgang mit ihren Kindern« geführt hätten. Weil die Kinder noch sehr klein gewesen seien, habe dadurch die »sehr große Gefahr einer Entfremdung zwischen der Klägerin und ihren Kindern« bestanden. Der BGH betonte: Die Gerichte seien generell gehalten, Streitigkeiten zum Sorge- und Umgangsrecht besonders schnell zu entscheiden. Das gelte ganz besonders bei kleinen Kindern. AFP/nd
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