Sponsorenspiele mit der Wahrheit

Tokios größter Geldgeber geht nur auf Distanz, weil immer mehr Japaner Olympia ablehnen, meint Alexander Ludewig

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) und mit ihm die Olympischen Spiele haben längst keinen guten Ruf mehr. Gigantismus, Korruption, Kommerz – um nur einige Schlagworte zu nennen. Trotzdem schloss Toyota vor sechs Jahren einen Sponsorenvertrag mit dem IOC ab. Für fast eine Milliarde Dollar kaufte sich der weltgrößte Autobauer für acht Jahre Vorzüge und Werberechte im Zeichen der Ringe.

Die Sommerspiele von Tokio werden schon seit der Vergabe im Jahr 2013 von negativen Schlagzeilen begleitet. Natürlich ist Toyota beim Heimspiel auch zahlungskräftiger Top-Sponsor. Am Montagmorgen, fünf Tage vor der Eröffnung, ging der Konzern plötzlich auf Distanz. »Es werden Olympische Spiele, die auf verschiedene Weise kein Verständnis bei der Öffentlichkeit wecken können«, erklärte Jun Nagata gegenüber japanischen Medien. Deshalb würden, so Toyotas Operating Officer, keine Firmenfunktionäre die Eröffnungsfeier besuchen und bereits produzierte Olympiawerbespots nicht gesendet.

Der Konzern übt damit keine Kritik, er bangt allein um sein Image in der Heimat. Denn die letzten Umfragen zeugen vom anhaltenden und stärker werdenden Pessimismus der Japaner gegenüber Olympia: 55 Prozent sind gegen die Austragung, nur 33 dafür. Und 68 Prozent halten sichere Spiele für »unmöglich«. Verständlicherweise, angesichts des vierten Corona-Notstands in Tokio und ersten Infektionen angereister Sportler und Offizieller.

Die Botschaft, die den Rest der Welt erreichen sollte, kam von Shiori Hashimoto. »Es gab nie einen Plan, olympiabezogene Spots zu Werbezwecken für unsere Produkte in Japan auszustrahlen«, teilte die Konzernsprecherin der internationalen Nachrichtenagentur AFP am Montagnachmittag mit. Das Fernbleiben der Firmenfunktionäre erklärte sie damit, »dass es keine Zuschauer geben wird«. Rund 1000 andere hochrangige Gäste werden dennoch die Tribünen im Olympiastadion füllen.

Dieses Sponsorenspiel mit der Wahrheit soll außerhalb Japans das Bild der starken Marke aufrechterhalten. Dazu passt die Stellungnahme vom IOC: International werbe Toyota weiter mit der Partnerschaft mit Olympia und den Paralympics.

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