Einkommen steigen nur geringfügig
Ost-West-Gefälle bei Arbeitsentgelten weiter hoch
Das mittlere Einkommen in Deutschland ist wegen der Pandemie im vergangenen Jahr nur leicht gestiegen und in einigen Branchen sogar gesunken. Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag mitteilte, lag das sogenannte Medianentgelt aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten 2020 bei brutto 3427 Euro. Damit stiegen die Löhne und Gehälter gegenüber 2019 um 26 Euro an beziehungsweise 0,76 Prozent, was angesichts der Preissteigerung einem Reallohnverlust entspricht. Es war laut BA der geringste Anstieg seit 2009 in der Finanzkrise. Das Medianentgelt oder mittlere Einkommen bezeichnet den Wert, bei dem es genauso viele Menschen mit einem höheren wie mit einem niedrigeren Einkommen gibt. Der Median ist nicht zu verwechseln mit dem Durchschnittseinkommen.
Die BA bezifferte den Corona-Effekt der Löhne und Gehälter auf 69 Euro. Ohne die Pandemie wäre das Entgelt demnach vermutlich »zusätzlich um diese Summe gestiegen«. Gründe waren unter anderem die starke Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld, ausbleibende Sonderzahlungen und ausgesetzte Lohnerhöhungen. Die Branchen waren dabei unterschiedlich betroffen. Im verarbeitenden Gewerbe (minus 44 Euro) und im Gastgewerbe (minus 79 Euro) sanken die Medianentgelte. Einen Anstieg gab es bei Versicherungsdienstleistungen (plus 111 Euro), im Gesundheits- und Sozialwesen (plus 80 Euro) sowie im Bereich Erziehung und Unterricht (plus 77 Euro).
Je nach Qualifikation unterscheidet sich der Median stark: So lag er für Akademiker bei 5265, bei Beschäftigten mit einem anerkannten Berufsabschluss bei 3300 und bei solchen ohne Berufsabschluss bei 2515 Euro. Auch die Größe der Firma, bei der man arbeitet, hat Einfluss: Während der Median in Unternehmen mit 250 und mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei 4259 Euro monatlich lag, betrug er in Betrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern nur 2523 Euro.
Zudem sind die Unterschiede zwischen Ost und West weiter groß: So lag der Median 2020 in Westdeutschland bei 3540 Euro und damit um 650 Euro beziehungsweise fast ein Fünftel über dem Niveau der ostdeutschen Länder. Im Jahr 2019 hatte die Differenz noch 699 Euro ausgemacht.
Die Löhne von Altenpflegefachkräften stiegen laut dem aktualisierten Entgeltatlas der BA 2020 überdurchschnittlich um knapp 4,7 Prozent beziehungsweise 149 auf 3174 Euro, wie aus dem neuen Entgeltatlas hervorgeht. Frauen in der Branche verdienen demnach 120 Euro weniger als Männer. Auch die Ost-West-Differenzen sind groß: Während eine Altenpflegefachkraft in Baden-Württemberg 3446 Euro verdiente, waren es in Sachsen 2768 und Sachsen-Anhalt nur 2736 Euro. Die Personalnot in der Altenpflege bleibt weiter groß. Laut BA kommen hier auf 12 300 offene Stellen nur 3400 arbeitsuchende Fachkräfte. nd/Agenturen
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