Algerier sorgt für den ersten Eklat

Judoka zieht zurück, weil er nicht gegen einen Israeli kämpfen will

Die Bekundungen vom Frieden und der heilenden Kraft des Sports aus der Eröffnungsfeier vom Freitagabend hatten nicht mal einen Tag lang nachhallen können, da wurden die Olympischen Sommerspiele von Tokio bereits vom Nahostkonflikt in die Realität zurückgeholt. Der algerische Judoka Fethi Nourine sollte eigentlich an diesem Montagmorgen in der Gewichtsklasse bis 73 Kilogramm in Runde eins gegen den Sudanesen Mohamed Abdalrasool kämpfen, doch zu diesem Wettbewerb wird er nicht antreten. Der Grund: Bei einem Sieg träfe er danach auf Tohar Butbul, und der kommt aus Israel.

Diesem Kampf wollte Nourine unbedingt aus dem Weg gehen, also verzichtet er komplett auf Olympia. Warum er das tat, darum machten der Algerier und sein Trainer Amar Ben Yekhlef im Interview mit einem algerischen Fernsehsender keinen Hehl: »Wir haben viel gearbeitet, um die Olympischen Spiele zu erreichen, aber die palästinensische Sache ist größer als all das«, sagte Nourine. »Wir hatten kein Glück bei der Auslosung«, ergänzte der Coach. Eine Normalisierung der Beziehung zu Israel lehne das Land ab. »Wir haben die richtige Entscheidung getroffen«, betonte Trainer Yekhlef also.

Die Internationale Judoföderation IJF nahm am Samstag zunächst Ermittlungen gegen den 30 Jahre alten Sportler und dessen Trainer auf. Beide seien vorläufig suspendiert worden, eine Disziplinarkommission solle nun über weitere Folgen entscheiden, teilte die IJF mit. Das Olympische Komitee Algeriens habe zudem bereits entschieden, das Duo nach Hause zu schicken und wolle ebenfalls Sanktionen prüfen. Der Weltverband erklärte, die Aussagen von Nourine und seinem Coach stünden »in totalem Gegensatz zur Philosophie« der IJF. Judo basiere auf Solidarität, Respekt und Freundschaft, jede Form der Diskriminierung könne daher nicht toleriert werden.

Es ist bei weitem nicht das erste Mal, dass sich Athleten aus muslimischen Ländern weigern, gegen Israelis anzutreten, weil sie oder ihre Regierungen den Staat nicht anerkennen. Nourine selbst hatte bereits bei der WM 2019 aus dem gleichen Grund einen Kampf verweigert. Damals zog das aber offenbar keine Konsequenzen für den frisch gebackenen Afrikameister nach sich.

Für Schlagzeilen gesorgt hatte im Judo zuletzt der Fall des Iraners Saeid Mollaei. Dieser hatte ebenfalls im August 2019 bei den Weltmeisterschaften, die zudem auch in Tokio stattfanden, die Anweisung erhalten, in seinem Halbfinale nicht anzutreten. Bei einem Sieg bestand die Möglichkeit, im Endkampf auf den Israeli Sagi Muki zu treffen. Mollaei aber widersetzte sich der Anweisung, und floh danach aus Angst vor Repressalien seines Verbandes nach Deutschland. Zwei Jahre später ist er zurück in Japans Hauptstadt und tritt am Dienstag bei den Olympischen Spielen für die Mongolei an. Sagi Muki bezeichnet er mittlerweile als einen sehr guten Freund. Manchmal klappt das mit der Völkerverständigung im Sport dann doch.

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