Ignoranz beim Klimaschutz

Kurt Stenger über das gefährliche Ausblenden des Anpassungszwangs

Dass die Bundesregierung wenige Tage nach der Flutkatastrophe in Westdeutschland einen Vertrag mit Tschechien über die stärkere Schiffbarmachung des Elbe-Oberlaufs unterzeichnet hat, ist unglaublich. Derartige Projekte sind wegen der Klimawandelfolgen grob fahrlässig - Flüsse müssen möglichst naturnah sein, um das Ausmaß von Hochwasser zu begrenzen.

Doch diese Ignoranz ist Programm, im wahrsten Sinne des Wortes. In den Wahlpapierchen der Parteien findet sich nichts zum Katastrophenschutz. Zwar wird erklärt, wie man das mit dem Klimaschutz hinkriegen will, wenn man erst mal die Macht hat. In den Passagen geht es allerdings nur um das, was in der Klimadiplomatie »Mitigation« (Milderung) genannt wird: Maßnahmen zur Senkung des CO2-Ausstoßes.

Ausgeblendet wird die zweite Säule namens »Adaptation« (Anpassung). Diese würde Eingriffe in Wirtschaft und Landwirtschaft, in die Siedlungspraxis der Kommunen bedingen und viel Geld kosten, womit man Wahlen nur verlieren kann. Aber auch Teile der Klimabewegung wollen nichts von Anpassung wissen - aus dem Kalkül heraus, dass der Leidensdruck für wirklich ambitionierte Emissionsminderung fehlt, wenn sich die reichen Industrieländer erst mal katastrophenfest gemacht haben.

Die Beschränkung auf »Mitigation« ist jedoch gefährlich - für die Menschen in vielen Regionen und für die politische Debatte: Sie suggeriert nämlich, dass Klimaschutz etwas ist, was in einigen Jahrzehnten Wirkung zeigen soll. Dabei sind die Folgen der Erderwärmung längst zu spüren, was bei jeder größeren Unwetterkatastrophe kurz konstatiert wird, um jenseits der betroffenen Gebiete schnell wieder in Vergessenheit zu geraten. Und so wird der Klimaschutz wieder nicht Wahlkampfthema - jedenfalls nicht die sträflich vernachlässigte zweite Säule.

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