Bundesgerichtshof entscheidet über gelöschte Posts bei Facebook

Gericht steht vor Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und unternehmerischer Freiheit

  • Lesedauer: 2 Min.

Karlsruhe. Abfällige Kommentare und verächtliche Beiträge können die Stimmung in einem sozialen Netzwerk schnell kippen lassen. Doch darf der Betreiber solche Posts löschen - auch wenn sie offenbar nicht gegen Gesetze verstoßen? Darüber entscheidet am Donnerstag erstmals das höchste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. (Az. III ZR 179/29 und III ZR 192/20)

Es geht um zwei Posts bei Facebook. Eine Nutzerin hatte sich dort in einem Beitrag negativ über Menschen mit Migrationshintergrund geäußert; ein Nutzer hatte ein Video kommentiert, in dem ein Migrant nicht von einer Polizistin kontrolliert werden wollte. Der User benutzte den Vorfall, um sich allgemein verächtlich über Migranten auszulassen.

Strafrechtlich ist beides wohl nicht relevant. Facebook löschte die Posts aber unter Berufung auf seine seit April 2018 geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die »Hassrede« in dem Netzwerk verbieten. Die Konten der Betreffenden wurden vorübergehend - für 30 beziehungsweise drei Tage - gesperrt. Vor Gericht wollen sie nun erreichen, dass die Posts wieder freigeschaltet und die Konten nicht noch einmal gesperrt werden. Sie berufen sich dabei vor allem auf die Meinungsfreiheit.

In den Vorinstanzen vor bayerischen Gerichten hatte die Klägerin keinen und der Kläger nur teilweise Erfolg. Vergangene Woche verhandelte nun der BGH über die Revisionen. Zu Beginn der Verhandlung ließ der Vorsitzende des dritten Zivilsenats, Ulrich Herrmann, eine Tendenz erkennen: Demnach neigte der Senat vorläufig zu der Auffassung, dass Facebook als privates Unternehmen solche Posts löschen darf.

Entschieden ist das aber noch nicht. In der Verhandlung wurde über zahlreiche Einzelheiten debattiert. Beispielsweise über die Frage, ob Betroffene vor einer Sperrung angehört werden müssen. Sie müssten die Gelegenheit bekommen, sich zu verteidigen, argumentierte ihr Anwalt. Der Anwalt von Facebook hielt dagegen: Zwei bis drei Tage seien im Internet eine »endlose Zeit« und es könne schnell zu Shitstorms kommen.

Auch die Frage, ob die beiden Betroffenen überhaupt wirksam ihre Zustimmung zu den neuen AGB erteilt hatten, ist noch offen. Um bei Facebook weiter schreiben zu können, mussten sie den Nutzungsbedingungen 2018 per Klick zustimmen - doch war das ausreichend?

Darüber muss nun der BGH befinden. Vor allem aber muss er zwei wichtige Rechte gegeneinander abwägen: die unternehmerische Freiheit von Facebook und die freie Meinungsäußerung von denjenigen, die dort schreiben. AFP/nd

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