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Katastrophenschutz mangelhaft

Die Klimakrise führt zu mehr Hitzewellen, Stromausfällen, Bränden. Darauf ist Europa schlecht vorbereitet

Es ist nur verständlich, dass derzeit vor allem das Thema Hochwasser im Fokus ist, wenn über Katastrophenschutz gesprochen wird. Mehr als 170 Tote in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, dazu Tausende Obdachlose und zerstörte Infrastruktur, deren Wiederaufbau Jahre dauern wird: Das ist die vorläufige Bilanz der Flutkatastrophe Mitte Juli. Sie macht es notwendig, über Konzepte für einen besseren Schutz der Bevölkerung in solchen Fällen zu sprechen.

Dabei sind Starkregenfälle wie die gerade erlebten nicht die einzigen Gefahren, die auf Mitteleuropa zukommen. Eine überwältigende Mehrheit der Klimawissenschaftler warnt allgemein vor der Zunahme von Extremwettereignissen im Zuge des Klimawandels. Andere Gefahren - die Explosion am 27. Juli im Chemiepark Leverkusen erinnert daran - kommen hinzu. Auch die Digitalisierung birgt Gefahren: Hackerangriffe, etwa auf die Strom- oder Wasserinfrastruktur, könnten verheerende Folgen haben.

Ein Katastrophenszenario für Deutschland ist eine mehrjährige Dürre. Zu trocken war es schon in den letzten Jahren, und auch die Regenfälle in diesem Jahr reichen im Schnitt nicht, um den Boden ausreichend zu bewässern. Langfristig führt das zu größeren Ernteausfällen und Belastungen für Nutztiere. Käme dann noch eine lang anhaltende Hitzewelle hinzu, die zu Wasser- und Stromknappheit führen würde, wäre die Lage katastrophal. Der europäische Hitzesommer 2003, ohne Dürre, ist gut erforscht. Wissenschaftler gehen davon aus, dass in dem Jahr europaweit 45 000 Menschen im Zusammenhang mit der Hitzewelle gestorben sind. Allein in Deutschland waren es 3500.

Der heiße Sommer 2003 zählt, gemessen an der Zahl der Toten, zu den schwersten Naturkatastrophen weltweit. Doch Konsequenzen wurden daraus in Deutschland kaum gezogen. Nick Reimer und Toralf Staud schreiben in ihrem im Mai erschienenen Buch »Deutschland 2050. Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird«, erst 2017 hätten sich Bund und Länder auf »Handlungsempfehlungen« für Hitzeaktionspläne geeinigt. Diese seien sehr allgemein gehalten, weil sich Bundesländer und Kommunen sonst »quergestellt hätten«, wie ein Beteiligter den Autoren erzählte.

Auf Nachfrage von »nd« beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) und dem Technischen Hilfswerk (THW), was die Organisationen im Fall einer Hitzewelle tun würden, teilte das THW mit, dass die »Strom- und Wasserversorgung des THW« dann wohl gefragt sei. Es sei aber insgesamt schwierig vorherzusehen, »was bei einer lang anhaltenden Hitzewelle für konkrete Anforderungen« an das Hilfswerk entstehen können. Das DRK erklärte, in einem solchen Fall gehörten die Verteilung von Trinkwasser und der Betrieb von Trinkwasserausgabestellen zu den Aufgaben der Mitarbeiter.

Auf die Frage, was es nötig wäre, um auf vielfältige und parallel entstehende Gefahren- und Katastrophenlagen vorbereitet zu sein, erklärte das DRK, dabei sei eine »zielgerichtete materielle Vorhaltung auf Bundesebene« wichtig. Die Annahme, im Krisenfall könne man »auf die Industrie« zurückgreifen, habe sich als »Trugschluss« erwiesen.

Auch der Austausch der Katastrophenschutzorganisationen und die Stärkung der verschiedenen Kompetenzen seien wichtig, so das DRK. Außerdem wünscht man sich die »Verstetigung der Etatisierung im Bundeshaushalt«, um einen »nachhaltigen und umfassenden Bevölkerungsschutz« sicherstellen zu können. Beim THW sieht man sich »dank stetiger Investitionen in moderne Ausstattung sowie Ausrüstung gut auf alle möglichen Szenarien« vorbereitet.

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Einer der das kritischer sieht, ist Herbert Saurugg, Präsident der österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV). Er beschäftigt sich besonders mit den von großflächigen Stromausfällen ausgehenden Gefahren. Politik und Katastrophenschutzorganisationen wirft Saurugg vor, »nicht ehrlich« miteinander umzugehen. Es gebe »zu wenig Wissen und zu wenig Vorbereitung«.

Realitäten würden in der Politik oft nicht angesprochen, sagte Saurugg gegenüber »nd«. Es herrsche die Haltung »Nach mir die Sintflut« vor. Wenn Saurugg über Stromausfälle spricht, meint er Blackouts in weiten Teilen Europas. Dazu werde es künftig häufiger kommen, prognostiziert er. Ein Grund dafür sei die Energiewende. Die sei aufgrund des Klimawandels notwendig, doch das Stromnetz sei nicht darauf ausgelegt. »Wir befinden uns in der größten Infrastrukturtransformation aller Zeiten. Da kann auch was schief gehen. Sollte was schief gehen, müssen wir vorbereitet sein«, mahnt Saurugg. Zentral sei dabei die Aufklärung der Bevölkerung: »Bei einem Blackout kann niemand Millionen Menschen helfen.« Man müsse dann froh sein, wenn Hilfsorganisationen ihren Basisaufgaben nachkommen könnten.

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Studien hätten ergeben, dass ein Drittel der Bevölkerung bei einem großen Blackout nach vier Tagen Versorgungsprobleme hätte. Nach einer Woche seien es zwei Drittel. Darüber müssten die Menschen jetzt aufgeklärt werden und lernen, wie sie sich zu verhalten haben. Das Anlegen von Vorräten, die die eine eigenständige Versorgung für zwei Wochen sichern, sei sinnvoll. Die beste Warnung im Vorfeld helfe nicht, wenn die Menschen nicht wüssten, was im Ernstfall zu tun sei, erklärt Saurugg.

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