Für Sozialisierung und Mitbestimmung

Mieterinitiativen stellen ihre Forderungen für den Wahlkampf vor

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

»Selbst nach fünf Jahren rot-rot-grüner Regierung gehören steigende Mieten, Verdrängung, Zwangsräumungen und Diskriminierung immer noch zum Alltag sehr, sehr vieler Berliner*innen«, sagt Melanie Dyck am Montag im Haus der Statistik. Dyck ist aktiv im Initiativenforum Stadtpolitik Berlin und beteiligt an einer Gruppe aus 27 Initiativen, die an diesem Tag ein mietenpolitisches Dossier vorstellen. »Die Berliner Politik muss einen mieten- und stadtentwicklungspolitischen Richtungswechsel einschlagen. Das Ziel muss sein, Wohnen gemeinwohlorientiert und bezahlbar zu machen«, fordern die Aktiven von Politiker*innen der Hauptstadt.

Lorena Jonas von den Initiativen 23 Häuser sagen Nein! und Bizim Kiez erklärt, dass 70 Prozent des Wohnraums in Berlin privatwirtschaftlich organisiert seien - in ihren Augen deutlich zu viel. Wohnen sei Gemeingut, das politisch gesichert und verteidigt werden müsse, so Jonas. »Das ist möglich durch konsequente staatliche Regulierung des Marktes, durch die Bereinigung der Mieten, Immobilien- und Bodenpreise von der Spekulation auf hohe Erträge und durch das sukzessive Herauslösen des Wohnraums aus dem privaten, gewinnorientierten Sektor hin zu einem mindestens 50 Prozent großen gemeinwohlorientierten Sektor«, sagt sie. Dafür brauche es groß angelegte Kommunalisierungs- und Vergesellschaftungsprozesse, damit Land und Bezirke Handlungsmacht in der Stadtpolitik erwirken können.

Kritik gibt es darüber hinaus an digitalen Wohnungssuchplattformen wie ImmobilienScout 24 und ihrer Monopolstellung, da es fast unmöglich sei, eine Wohnung zu finden, ohne auf die Dienste dieser Plattformen zurückzugreifen. Plattformen zur privaten Kurzzeitvermietung wie Airbnb »entziehen dringend nötigen Lebensraum der Allgemeinheit und vermarkten diesen hochpreisig«, sagt Jonas. 228 Euro pro Jahr zahlen Mieter*innen in den Bezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg zusätzlich alleine wegen Airbnb, sagt die Stadtaktivistin. Eine Studie habe gezeigt, dass Airbnb für 17 Prozent der Mietsteigerungen zwischen 2013 und 2015 in den Innenstadtbezirken sei. Eine durchsetzungsfähige Regulierung sei aber möglich.

Das zeigt das zweite mietenpolitische Dossier seiner Art auf. Das erste wurde 2011 an damals zuständige Berliner Politiker*innen übergeben. Seitdem haben sich die Probleme des Wohnungsmarktes noch verschärft. »Die Angebotsmiete hat sich im Schnitt in den letzten zehn Jahren seit dem ersten mietenpolitischen Dossier verdoppelt, die Umwandlung in Eigentum verdreifacht, der Bestand der Sozialwohnungen ist um ein Drittel geschrumpft«, erklärt Melanie Dyck.

Um eine bedarfsgerechte Stadtpolitik umzusetzen, brauche es eine stärkere Mitbestimmung der Mieter*innen, sagt Lisa Vollmer von der Initiative Stadt von unten. »Mit unserer Miete wurde gewirtschaftet, investiert, gekauft und neu gebaut, deswegen haben wir ein Recht darauf, mitzubestimmen«, so Vollmer. Die Dossiergruppe schlägt eine Demokratisierung der Nutzung und Verwaltung von Boden in der Stadt vor. Öffentliche Grundstücke sollen in einen Bodenfonds eingebracht und dieser Fond paritätisch verwaltet werden - »von Vertreter*innen aus der Politik und der Zivilgesellschaft«, so Vollmer.

Von den politisch Verantwortlichen erwarten die Initiativen, dass sie sich die konkreten Lösungsvorschläge und Handlungsansätze gut anschauen. In den kommenden Wochen sollen zudem Prüfsteine entwickelt werden, damit die zur Wahl antretenden Parteien an ihren Antworten auf die Fragen nach ihren Zielen für die Mietenpolitik gemessen werden können. Denn es seien vor allem die Mieter*innen dieser Stadt, die wählen gehen.

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