Chilly Gonzales: »Knight moves«

  • Frank Jöricke
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Hochzeit der »Café del Mar«-Sampler ist schon lange vorbei. Weil irgendwann auch dem letzten Ibiza-Kiffer dämmerte, dass Chill-out-Mucke nur die Sommerferienvariante von Fahrstuhlmusik ist. Dies hält die Plattengesellschaft Café del Mar Music nicht davon ab, weiterhin zahlreiche Sampler zu veröffentlichen.

Die Musik stört ja auch nicht weiter. Man kann dazu entspannt Tischgespräche führen, Truman Capote lesen oder die Füße in den Pool halten. Selten einmal geschieht es, dass die Musik vom Neben- zum Hauptdarsteller wird. Dass sich in den Reigen des Seichten ein Song mit Untiefen verirrt. Wie Chilly Gonzales› »Knight moves« in den »Terrace Mix« von Café del Mar.

Das ist natürlich kein Zufall. Denn Chilly Gonzales ist der vielleicht größte unbekannte Künstler unserer Tage. Ein Besessener, der Hochleistungssport am Piano betreibt. Ein Entertainer für Intellektuelle. Ein musikalisches Universalgenie, das zwischen Johann Sebastian Bach und Rap, zwischen Jazz und Electro hin und her springt.
Früher schaffte er es alle Jubeljahre auf die Titelseite der Fachzeitschrift »Spex«, weil er mal wieder irgendein Nischenprojekt ausgeheckt hatte, das die Kritiker begeisterte und die Massen kaltließ, zum Beispiel einen Liederzyklus mit Jarvis Cocker (Pulp) über ein Hotelzimmer am Sunset Boulevard.

Wem das alles zu abgehoben oder feingeistig ist, der sollte Chilly Gonzales live erleben. Da wird aus dem Kopfmensch am Klavier ein Tier.

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