Geimpft oder getestet

Die Fußball-Bundesliga gleicht in Sachen Zuschauerregeln einem Flickenteppich

  • Andreas Morbach, Köln
  • Lesedauer: 4 Min.

Ende Mai war der 1. FC Köln der letzte Klub, der sich die Zugehörigkeit zur Fußball-Bundesliga sicherte - gut zwei Monate nach den nervenaufreibenden Relegationsspielen gegen Kiel waren die Rheinländer dafür ganz vorneweg. In der Debatte darüber, wem Stadionbesuche künftig gestattet sind und wem nicht, bezog der Klub eine Woche vor dem Ligastart an diesem Freitag als Erster klar Position. So wird bei den Heimspielen der Kölner ab dem 28. August, wenn Aufsteiger Bochum in der Domstadt gastiert, nur noch Geimpften und Genesenen der Zugang gestattet. Bei der ersten Heimpartie an diesem Sonntag gegen Hertha BSC praktiziert der Verein noch eine etwas weichere Variante.

Von den 16 500 Zuschauern, die beim Besuch der Berliner nach aktuellem Stand zugelassen sind, werden 15 500 von einer Corona-Erkrankung genesen oder gegen das Virus geimpft sein. Die restlichen tausend Karten können - zum vorerst letzten Mal in Köln - Kinder und Jugendliche ergattern, die einen negativen Test vorweisen.

Die Entscheidung des FC, bei der Ticketverteilung Zugangsbeschränkungen vorzunehmen, war mutig. Und die Reaktionen fielen in der emotional geführten Impfdebatte erwartungsgemäß sehr unterschiedlich aus. »Der Zutritt in die Stadien sollte auch für Getestete weiterhin möglich sein. Wir halten nichts davon, aus 3G schleichend ein 2G zu machen«, betonte etwa Jan Mayer, Geschäftsführer der TSG-Hoffenheim, gegenüber der »Stuttgarter Zeitung«. Denn, so der 49-Jährige weiter: »Das wäre eine Impfpflicht durch die Hintertür. Wir sollten uns hier nicht für politische Zwecke instrumentalisieren lassen.«

Dem 1. FC Köln flatterten nach seiner Ankündigung prompt einige Kündigungen von Mitgliedern ins Haus. »Wir waren uns bewusst, dass wir dafür auch Gegenwind bekommen«, erklärte Geschäftsführer Alexander Wehrle, berichtete aber zugleich von »in der überwiegenden Mehrheit positiven Reaktionen«. Positiv war bereits am Mittwoch vergangener Woche eine Aktion des Bundesligisten aufgenommen worden: Am Geißbockheim hatte der Verein eine Station aufgebaut, an der sich Menschen, die gerade im Kölner Grüngürtel unterwegs waren, ohne Voranmeldung impfen lassen konnten. 87 Kölner nahmen das Angebot wahr, und Vereinspräsident Werner Wolf kommentierte: »Natürlich tun wir das nicht ganz uneigennützig. Denn je mehr Geimpfte es gibt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass bald wieder mehr Zuschauer in die Stadien zurückkehren können.«

Bei dem ab Ende August geplanten Ausschluss von Nicht-Geimpften und Nicht-Genesenen bei Heimspielen der Kölner sollen auf Grundlage der Corona-Schutzverordnung Ausnahmen gelten - für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren und für Personen, die aus medizinischen Gründen von der Impfung ausgeschlossen sind. Ganz prinzipiell wünscht Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke aber klare Aussagen von der Politik - und forderte vor der Bund-Länder-Schalte am Dienstag: »Jetzt ist die Zeit gekommen, mutige Entscheidungen zu treffen - wo man nicht mehr alles nur damit lösen kann, dass man den Laden abschließt.« Watzke spricht sich zwar gegen eine Impfpflicht aus, unterstützt aber die vom Kölner Ligakonkurrenten angepeilte 2G-Regelung beim Stadionpublikum. Ebenso pocht er auf das Hausrecht der Veranstalter von Großereignissen, zu denen der Fußball zählt, nur Geimpften und Genesenen Zutritt in ihre Arenen zu gewähren.

Widerspruch gibt es da seitens der Sportpolitik. Der frühere Turnweltmeister Eberhard Gienger, sportpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, äußerte gegenüber der »Augsburger Allgemeinen« seine Bedenken: »Eine Unterscheidung zwischen geimpften, genesenen oder negativ getesteten Zuschauern halte ich aus verfassungsrechtlichen Gründen für problematisch.« Laut Britta Dassler, Sprecherin der FDP im Bundestag, lasse sich »eine Zugangsreduzierung auf Geimpfte und Genesene kaum rechtfertigen«, da man bei Fußballstadien über den Außenbereich spreche.

Es ist eine komplizierte Gemengelage, in der die Haltungen und Maßnahmen der Bundesligisten einem Flickenteppich gleichen. So wird der SC Freiburg 1100 Freikarten für ein ausgewähltes Bundesliga-Heimspiel an Personen verteilen, die sich von Freitag bis Sonntag erstmals impfen lassen. Im Schwarzwald gibt es also zur Belohnung »SC-Impftickets«.

Kölns Alexander Wehrle betont, Impfen sei »der entscheidende Faktor auf dem Weg zurück zu einer veränderten Normalität«. Andererseits ergab eine Umfrage der »Sportschau« unter elf teilnehmenden Vereinen ein uneinheitliches Bild: Leverkusen und Leipzig wollten sich nicht festlegen. Wolfsburg, Mainz und Gladbach sprachen sich sogar klar gegen den Ausschluss lediglich Getesteter aus - zumindest solange die Corona-Schutzverordnung ihnen keine andere Wahl lasse.

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