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GDL-Chef Weselsky ist mit dem Bahn-Streik zufrieden
Lokführergewerkschäft behält sich weitere Arbeitsniederlegungen vor
Der Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) bei der Deutschen Bahn wurde am Freitagmorgen um 2 Uhr wie angekündigt beendet. Es dauerte allerdings noch einige Stunden, bis der planmäßige Verkehr wieder in vollem Umfang aufgenommen werden konnte, da viele Fern- und Regionalzüge erst zu ihren Einsatzstellen gebracht werden mussten.
Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky zog am Freitag in Berlin eine positive Bilanz der Arbeitsniederlegung. Zwar versuche »die Abteilung Agitation und Propaganda im Bahn-Tower« die Auswirkungen des Streiks kleinzureden, doch dem Unternehmen sei es an vielen Stellen nicht einmal gelungen, die Notfahrpläne stabil aufrecht zu erhalten. Das liege auch daran, dass diesmal nicht nur Lokführer, Zugbegleiter und Bordgastronomen dem Streikaufruf gefolgt seien, sondern auch Fahrdienstleiter und Mitarbeiter in Stellwerken und Werkstätten. Damit habe das Management offenbar nicht gerechnet.
Beeinträchtigungen für Reisende seien bei einem Bahnstreik nicht zur vermeiden, aber die GDL wolle »Deutschland nicht lahmlegen, sondern etwas bewegen. Nämlich Verteilungsgerechtigkeit für die Menschen, die in diesem Unternehmen die Wertschöpfung überhaupt erst ermöglichen – und wir werden uns auch durchsetzen«, gab sich Weselsky selbstbewusst. Der GDL-Vorsitzende verwies darauf, dass in den vergangenen Wochen bei einigen privaten Unternehmen Lohnabschlüsse erzielt wurden, die exakt den jetzigen Forderungen bei der Bahn entsprechen.
Ob und wann es zu weiteren Arbeitsniederlegungen kommt, ist derzeit noch nicht absehbar. Allerdings sind die Fronten nach wie vor verhärtet. Die Deutsche Bahn ist bislang bestenfalls zu kosmetischen Zugeständnissen bereit, die nicht wesentlich über den mit der konkurrierenden, zum DGB gehörenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) im Juni 2020 abgeschlossenen Tarifvertrag hinausgehen. Dieser beinhaltet unter anderem eine Nullrunde bei den Gehältern für 2021, die Kürzung der betrieblichen Altersrenten und die Flexibilisierung der Schichtpläne.
Für den kommenden Dienstag um 13.30 Uhr plant die GDL gemeinsam mit ihrem Dachverband, dem Deutschen Beamtenbund (dbb Tarifunion), eine Protestkundgebung vor der Bahn-Zentrale am Potsdamer Platz. Jedem müsse klar sein, »dass wir anschließend nur noch eine kurze Zeit verstreichen lassen werden, bis es zu neuen Arbeitsniederlegungen kommt«. Verhindert werden könne das nur durch ein verhandlungsfähiges Angebot der Bahn. Sein Telefon sei »immer eingeschaltet, außer, wenn ich schlafe«, so Weselsky. Derzeit gebe es aber keine Signale vom Management.
Bahn-Sprecher Achim Stauß erneuerte am Freitag seinen Vorwurf, dass die GDL »ganz andere Ziele verfolgt, nämlich ihren Machtbereich auszuweiten – auf dem Rücken der Fahrgäste«. Er forderte die Gewerkschaft abermals zu Verhandlungen auf. Offen ließ Stauß allerdings, ob die Bahn jetzt ein neues Tarifangebot vorlegen wird.
Weselsky sicherte zu, dass es bei künftigen Streiks eine längere Ankündigungsfrist geben werde. Diesmal habe es einen »Interessenskonflikt« gegeben. Nach der erst Montagabend ausgezählten Urabstimmung, mit einer Zustimmung von 95 Prozent der Mitglieder zu Streiks, sei eine schnelle und deutliche Reaktion notwendig gewesen. Im Interesse der Kunden habe man aber auch nicht den Ferien-Reiseverkehr am Wochenende beeinträchtigen wollen. Daher die sehr kurzfristige Ankündigung. Einen unbefristeten Streik werde es zunächst aber nicht geben. Denn das wäre »das allerletzte Mittel«.
Ausgeschlossen ist für die GDL derzeit ein erneutes Schlichtungsverfahren. Ein erster Versuch war im Oktober 2020 ergebnislos gescheitert. Durch die seitens der DB und der EVG vollzogene Aufkündigung des Grundlagentarifvertrags, der der GDL für bestimmte Bereiche Tarifmächtigkeit einräumte, gebe es dafür keine Grundlage mehr. Man akzeptiere das Tarifeinheitsgesetz und habe sich jetzt auf den Weg gemacht, als Mehrheitsgewerkschaft die Tarifmächtigkeit in allen Kernbereichen des Eisenbahnverkehrs zu erringen und dies von Arbeitsgerichten bestätigen zu lassen.
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