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Klaus Lederer setzt auf Charme
Mit Gelöstheit und Prominenz geht der Wahlkampf der Linkspartei auch in Berlin-Mitte in die heiße Phase
»I’m just a dreamer, I dream my life away. I'm just a dreamer who dreams of better days«. Ozzy Osbournes bekanntes Lied schallt aus den Boxen des Infostandes der Linken am Leopoldplatz im Wedding. Es ist Samstagnachmittag, die Sonne scheint heiß und freundlich, und die Menschen um den Stand herum sind es auch. Und alle scheinen in diesem Moment auch ein bisschen mit Ozzy zu träumen - von besseren Tagen und einem neuen Leben.
Martin Neise, der als Direktkandidat der Linken in Mitte in den Bundestag will, bietet Sonnencreme an. Es ist an alles gedacht. Das Wahlkampfteam hat zwei Sofas aufgestellt. Auf dem einen turnen ausgelassen festlich gekleidete Kinder herum, die gerade von ihrer Einschulung kommen. Auf dem anderen sitzt Neise und spricht von der »klassenpolitischen Perspektive«, die seine Kandidatur für die Linke bestimme.
»Wir müssen ja vor allem die erreichen, die nicht zu solchen Infoveranstaltungen wie dieser hier kommen«, sagt er. Und präzisiert: »Wir wollen uns vor allem um jene kümmern, die die Hoffnung aufgegeben haben, dass sich für sie politisch etwas ändert. Deshalb gehen wir an die Haustüren, um dort mit den Menschen zu sprechen.« Vom Infostand am Leopoldplatz starten auch an diesem Samstag immer wieder kleine Gruppen von Wahlkämpfer*innen zu Haustürgesprächen in die umliegenden Kieze.
20.000 Türen in ganz Mitte bis zur Bundestagswahl am 26. September sind das ausgegebene Ziel dieser Kampagne, fast 11.000 haben die Aktivist*innen bereits geschafft. »Wir schreiben niemanden ab«, sagt Neise. »Auch wenn sich bei solchen Gesprächen zum Beispiel jemand kritisch zur Einwanderung äußert oder Ähnliches, versuchen wir, mit ihm im Gespräch zu bleiben und seinen Fokus vielleicht auf die eigentlichen Probleme zu lenken«, fügt der 33-Jährige hinzu.
Dann erzählt Neise von einer persönlichen Erfahrung: »Eine Bekannte von mir wohnt in Spandau und bekommt in drei Jahren eine Armutsrente, mit der sie sich ihre Wohnung dort wahrscheinlich nicht mehr leisten kann. Wo soll sie dann hin?« Neise bringt die Dinge auf den Punkt und redet nicht drumrum. Ehrlich, direkt, aber trotz allem meistens auch mit einem optimistischen Lächeln im Gesicht. »Genau um solche Themen geht es«, betont er. Und sagt: »Wir müssen den Leuten klarmachen, dass wir uns zusammentun müssen - im Mieterverein, bei der Hartz-IV-Beratung und so weiter.«
Ein paar Meter weiter bildet sich eine Menschentraube - Kultursenator Klaus Lederer von der Linken gibt sich ein Stelldichein am Leopoldplatz. Gut gelaunt begrüßt der Spitzenkandidat der Sozialisten die Leute um sich herum, lacht breit in viele Kameras und hält auch ein Schwätzchen mit Hüseyin Ünlü, dem Besitzer des Café Leo, an dessen Rückseite Die Linke ihren Infostand aufgebaut hat. Für den Erhalt des Cafés wie überhaupt der gewachsenen Kiezstrukturen am und um den Leopoldplatz kämpfen die Linke und Lederer schon lange.
Im Gespräch sagt der Senator, dass sein Fokus ja naturgemäß auf der Kultur liege. »Doch du kannst keine progressive Kulturpolitik machen, wenn sozial so viel im Argen liegt«, sagt er. Deshalb kämpfe er und die Linke mit Kopf und Herz für die Erhaltung und Verbesserung der Kiezstrukturen in der Stadt. »Die Berliner lieben ihre Kieze und wollen den Veränderungen in diesen nicht ausgeliefert, sondern Subjekte der Veränderungen sein«, so Lederer. Den Menschen diese Teilhabe zu ermöglichen, sei die Aufgabe der Linken. »Und umgekehrt sind auch wir als Partei nur so stark, wie die Menschen uns machen«, fügt er an.
Apropos Stärke: Lederer geht es vor allem um Resilienz, sagt er. »Die Pandemie zeigt uns ja gerade, dass wir auch widerstandsfähig sein müssen. Und das geht ja mit dem Klimawandel weiter, der eine riesige Herausforderung für uns alle ist«, fährt er fort. Über die Grünen als mögliche Partner im Umgang mit diesen Herausforderungen sagt Lederer: »Die sind da sicher eine Option. Aber man muss auch betonen, dass die Grünen naturgemäß eine Mittelstandsorientierung haben und die Menschen, die wir in den Blick nehmen, vernachlässigen.«
Doch als vernachlässigt scheint sich an diesem Tag niemand wahrzunehmen. Es liegt wohl vor allem an dem sonnigen Wetter am Samstag auf dem Leopoldplatz mit seinem für diesen Wochentag typischen Menschengewimmel. Die Stimmung am Infostand der Linken ist ebenso kommunikativ und heiter wie auf dem Flohmarkt dahinter, wo zig Verkaufsstände, zwischen denen Menschen aller Couleur entlang schlendern, alles Mögliche feilbieten.
Am Infostand der Linken wird noch lange weiter diskutiert und geplaudert, oder es werden erst mal Kontakte geknüpft. Es ist eigentlich genau so an diesem Nachmittag und an diesem Ort, wie eine Stadt sein sollte. Die Sozialisten wollen dafür kämpfen, dass es so bleibt.
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