Flog die Bundeswehr bisher nur sieben Menschen aus?

Bundeswehr bringt erste Menschen aus Kabul in Sicherheit / A400M-Transportflugzeug auf dem Weg nach Taschkent in Usbekistan

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat die Bundeswehr eine erste Gruppe von Menschen aus der Hauptstadt Kabul in Sicherheit gebracht. Ein A400M-Transportflugzeug startete in der Nacht zum Dienstag in Richtung Taschkent in Usbekistan, wie das Bundesverteidigungsministerium mitteilte. Der Flug hatte sich zuvor stundenlang verzögert, weil das US-Militär nach einem Ansturm tausender Menschen den Flugverkehr ausgesetzt hatte. Erst am Abend wurde der Flughafen wieder freigegeben.

Die Taliban hatten am Sonntag nach einem zehntägigen Eroberungsfeldzug durch Afghanistan die Hauptstadt Kabul erreicht. Die afghanische Regierung gestand ihre Niederlage ein, Präsident Aschraf Ghani floh ins Ausland.

Westliche Staaten wie die USA und Deutschland bemühen sich nun unter Hochdruck darum, ihr ziviles Personal aus Afghanistan auszufliegen. Die US-Regierung entsandte 6000 Soldaten zur Sicherung des Flughafens in Kabul.

Wie viele Menschen an Bord des ersten Evakuierungsflugs der Bundeswehr waren, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Laut verschiedener Medienberichte sollen es nur etwas mehr als eine Handvoll Menschen gewesen sein, die »BILD« berichtet von nur sieben Personen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums blieben aber Bundeswehr-Soldaten vor Ort in Kabul, um weitere Evakuierungsflüge vorzubereiten.

Die Luftwaffe will zwischen Kabul und Taschkent eine Luftbrücke einrichten. Deutsche Staatsbürger und afghanische Ortskräfte sollen zunächst in die Hauptstadt Usbekistans ausgeflogen und dann mit Charterflugzeugen nach Deutschland gebracht werden.

Bis Montagnachmittag hatten sich vier Luftwaffen-Maschinen auf den Weg nach Kabul gemacht. Wegen der chaotischen Lage auf dem Flughafen verzögerte sich der erste Evakuierungsflug jedoch stundenlang. Der A400M kreiste nach Angaben des Einsatzführungskommandos lange über Kabul, weil er vergeblich auf eine Landegenehmigung wartete.

»Die Regierung hat uns alle im Stich gelassen«
Die afghanische Gesellschaft ist gespalten: Viele fürchten die Taliban

Am Flughafen von Kabul hatten sich am Montag dramatische Szenen abgespielt. Tausende Menschen versuchten verzweifelt, an Bord von Evakuierungsflugzeugen zu gelangen. Videos zeigten, wie sich zahlreiche Afghanen an einen Transportflieger des US-Militärs klammerten. Medienberichten zufolge starben mehrere Menschen, als sie von dem Flugzeug überrollt wurden oder herunterfielen.

US-Soldaten töteten außerdem zwei bewaffnete Männer in der Menge, die ihre Waffen »auf bedrohliche Weise geschwungen« hatten, wie ein Pentagon-Vertreter erklärte.

Starts und Landungen in Kabul wurden in der Folge vorübergehend ausgesetzt. Pentagon-Sprecher John Kirby kündigte an, das Gelände zusammen mit Soldaten aus der Türkei und anderen Staaten »methodisch« zu räumen. Am Abend wurde der Flugbetrieb dann wieder aufgenommen. Kurz darauf landete eine US-Maschine mit weiteren Soldaten zur Sicherung des Flughafens, wie ein US-General bekanntgab.

Für den Westen sterben?
Trotz vielfältiger Warnungen aus Afghanistan glaubte man in Berlin lieber eigenen Wunschvorstellungen

US-Präsident Joe Biden verteidigte den US-Truppenabzug aus Afghanistan. »Ich stehe aufrecht hinter meiner Entscheidung«, sagte Biden, der wegen des chaotischen Abzugs und der Rückkehr der Taliban an die Macht in die Kritik geraten ist, in einer Fernsehansprache im Weißen Haus.

»Amerikanische Soldaten können und sollten nicht in einem Krieg kämpfen und sterben, den die afghanischen Streitkräfte selbst nicht kämpfen wollen« sagte Biden. Er sei zwar »zutiefst traurig« über die Entwicklung in Afghanistan. »Aber ich bedaure meine Entscheidung nicht.«

UN-Generalsekretär António Guterres forderte die Weltgemeinschaft zur Einigkeit im Umgang mit der »terroristischen Bedrohung in Afghanistan« auf. Afghanistan dürfe »nie wieder als Plattform oder sicherer Hafen für Terrororganisationen benutzt« werden, sagte er bei einem Dringlichkeitstreffen des UN-Sicherheitsrats.

In Brüssel wurden für Dienstag Krisensitzungen der Nato-Botschafter und der EU-Außenminister einberufen. Großbritanniens Premierminister Boris Johnson will in den kommenden Tagen einen virtuellen G7-Gipfel organisieren. Agenturen/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -