Bundeswehr macht Schule

Schleswig-Holsteins Bildungsministerin schließt Vertrag mit Truppe

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Bildungsministerium in Schleswig-Holstein hat mit der Bundeswehr einen Kooperationsvertrag geschlossen. Die Vereinbarung mit dem Landeskommando des Heeres erlaubt es Jugendoffizieren, den Militärapparat und internationale Sicherheitspolitik aus ihrer Perspektive darzustellen – auch, wenn es offiziell heißt, man informiere lediglich und betreibe keine Werbung für die Truppe.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat gegen den vergangene Woche geschlossenen Vertrag scharf protestiert. Auch aus der Friedensbewegung kommt deutliche Kritik. Grüne und FDP, die im Nordwesten mitregieren, haben den Vorstoß von Schulministerin Karin Prien (CDU) bisher nicht kommentiert. Die Linke reagierte empört, sieht die fünfseitige Vereinbarung als Türöffner für die Bundeswehr, die so leichten Zugang zu Jugendlichen bekomme.

Im Vertrag ist auch das Angebot fixiert, angehenden Lehrkräften spezifische Fort- und Weiterbildungsangebote zu liefern. Das Ministerium spricht von einer Partnerschaft der Bundeswehr mit dem Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen und dem Institut für Berufliche Bildung.

Die Vereinbarung über eine Laufzeit von viereinhalb Jahren sieht ausdrücklich die Bereitstellung von Informationsmaterial, die Besuche von Bundeswehrstandorten und mehrtägige Informationsreisen nach Bonn und Berlin vor. Das Ministerium teilt zudem mit, auch sogenannte Planspiele gehörten zum Portfolio. Innerhalb der Vereinbarungslaufzeit soll dem Landtag nur ein einziges Mal ein Bericht des Ministeriums über die Umsetzung der Vereinbarung vorgelegt werden.

Die GEW zeigt keinerlei Verständnis. Die Klassenzimmer seien kein »Einsatzgebiet« für die Bundeswehr, erklärte die Landesvorsitzende Astrid Henke. Politische Bildung an den Schulen sei nicht ihre Aufgabe. Denn in Eigenregie der Truppe führe dies zwangsläufig zur »Rechtfertigung militärisch ausgerichteter Außen- und Sicherheitspolitik im Unterricht«, monierte Henke. Nur unter einer Bedingung kann sie sich Veranstaltungen der Truppe an Schulen vorstellen: »Wer mit der Bundeswehr ein Kooperationsabkommen schließt, sollte das auch mit der Friedensbewegung tun.«

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, griff Henke wegen dieser Aussagen massiv an. Diese seien eine »Frechheit« gegenüber der Bundeswehr und entstammten »der ideologischen Mottenkiste«, wetterte der Vorsitzende der schleswig-holsteinischen Landesgruppe der CDU im Bundestag.

Dagegen erinnerte Cornelia Möhring, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, daran, dass zehn Prozent der freiwillig Grundwehrdienstleistenden Minderjährige seien und damit wie Kindersoldaten anzusehen sind. Das sei ein klarer Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Möhring stellte sich voll und ganz hinter die Kritik von GEW-Landeschefin Henke an der Vereinbarung. An die Adresse von Wadephul gerichtet fügte Möhring hinzu, der UN-Kinderrechtsausschuss habe die Bundesregierung wiederholt aufgefordert, alle Werbemaßnahmen, die auf Kinder abzielen, zu verbieten. »Dazu gehört ganz besonders Werbung für die Bundeswehr. Auch wenn sie, moralisch verkleistert, als Information getarnt wird«, sagte Möhring.

Das Kieler Friedensforum will die verkappte Bundeswehrwerbung an den Schulen unterdessen im Rahmen der vielfältigen Aktionen zum Antikriegstag am 1. September thematisieren.

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