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Staat tanzt bei Tiktok mit
Chinesische Regierung übernimmt Beteiligung bei Betreiberfirma - und kann nun bei unternehmerischen Entscheidungen mitreden
Für Donald Trump war die immens populäre Video-Sharing-App Tiktok nicht nur eine Onlineplattform für Selbstdarstellungen der Jugend, sondern auch eine potenzielle Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA. Sein Nachfolger Joe Biden hingegen ließ das geplante Verbot der App stoppen: Die Mutterfirma Bytedance konnte überzeugend darlegen, dass die chinesische Regierung keinen Einfluss auf ihren internationalen Betrieb ausübe.
Wenige Monate später flammt die Debatte erneut auf, wobei das milliardenschwere Start-up mit Sitz in Peking nun in Erklärungsnot geraten ist. Denn wie das Tech-Magazin »The Information« berichtete, ist die chinesische Regierung bei Bytedance eingestiegen. Schon seit Ende April besitze der Staat eine Beteiligung von einem Prozent an der Firma. Was nach wenig klingt, hat aber Folgen: Die Regierung kann zu den bereits bestehenden Vorstandsmitgliedern ein drittes ernennen. Dies besagt eine gesetzliche Regelung, von der auch Weibo, die Betreiberfirma des wohl populärsten Kurznachrichtendienstes in China, betroffen ist. Hier sicherte sich die Regierung bereits vor einem Jahr ein Prozent Eigentum und damit die Ernennung eines Vorstandschefs.
»Die Unternehmen können es sich nicht leisten, gegen den Willen einer mächtigen Regulierungsbehörde zu handeln«, sagt Victor Shih, Politikwissenschaftler an der University of California und Experte für chinesische Finanzpolitik. Der von der Regierung ernannte Vorstand habe die mit Abstand wichtigste Stimme, womit sich der Staat wohl ein Vetorecht bei unternehmerischen Entscheidungen sichere. Zudem, so die Befürchtung, könnte die Regierung versuchen, Debatten von Anfang an zu beeinflussen: nämlich bereits dann, wenn sie im Netz entstehen.
Bytedance ist eines der wertvollsten Tech-Unternehmen Chinas. Das im Jahr 2012 gegründete Unternehmen bringt es mittlerweile auf einen Umsatz von 37 Milliarden Dollar. Mit einem geschätzten Firmenwert von über 100 Milliarden Dollar gilt Bytedance als wertvollstes Start-up weltweit. Neben dem Kernprodukt Toutiao, einer Nachrichtenwebseite, hat man unter anderem auch Tiktok herausgebracht. Die in 155 Ländern verfügbare App hat die bisher von US-Konzernen dominierte Social-Media-Welt umgekrempelt. Formell gehört sie einer Briefkastenfirma auf den Cayman Islands - ein typisches Offshore-Konstrukt, um ausländische Geldgeber anzulocken. Zu den wichtigsten Bytedance-Investoren gehört der japanische Softbank-Gründer Masayoshi Son, der sich 2018 mit drei Milliarden US-Dollar in das Unternehmen einkaufte.
Die heimische Version von Tiktok nennt sich Douyin, sie ist an die chinesischen Konsumentenwünsche und die inhaltlichen Zensurbestimmungen angepasst. Mehr als 600 Millionen User nutzen Douyin pro Tag. Auch Toutiao bringt es auf mehrere Hundert Millionen tägliche Nutzer.
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Bytedance-Gründer Zhang Yiming hat einschlägige Erfahrungen mit den Zensurbestimmungen gemacht: Die frühere App Neihan Duanzi musste 2018 wegen »vulgärer Inhalte« vom Markt genommen werden. Im Mai trat Zhang als Vorstandschef zurück - mutmaßlich, um aus dem Scheinwerferlicht zu verschwinden. Derzeit scheint es nämlich von Vorteil zu sein, ein möglichst leises Image in der Öffentlichkeit zu pflegen. Seit einem Dreivierteljahr gehen Chinas Aufsichtsbehörden nämlich gegen die erfolgreichsten Tech-Unternehmen des Landes vor: So musste zunächst der geplante Rekordbörsengang des Online-Finanzdienstleisters Ant Group quasi auf der Zielgeraden abgesagt werden. Zuletzt musste das chinesische Uber-Pendant Didi seine App aus den heimischen Stores abziehen. Der »Economist« schätzt, dass die Staatsführung in Peking mit ihren Maßnahmen Aktienwerte in Höhe von einer Billion US-Dollar vernichtet hat.
Die Maßnahmen der Aufsichtsbehörden sind dabei nicht in einen Topf zu werfen: Sie reichen von Datenschutzbestimmungen bis hin zur Ahndung kartellrechtlicher Verstöße. Doch gleichzeitig ist ein wichtiger Antrieb Pekings, die Kontrolle über Online-Inhalte zu behalten. Dies dürfte der Hintergrund des Einstiegs bei Bytedance sein.
Doch wirtschaftlich könnte sich das Vorgehen der Staatsführung rächen. Kontrollierte Privatfirmen, insbesondere im sensiblen Tech-Bereich, dürften es im Ausland schwerer haben, Nutzer oder Kunden zu finden.
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